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Artikel vom 30.03.2006

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Basel - Allgemeines

Mit Leserbrief

Abschied von Vreni✝

Sie hatte eine intelligente Feder, bissig und treffend: Vreni Berlinger alias «‘s Zyttigs-Anni» ist am letzten Bummelsunndig tödlich verunglückt

Von Jürg-Peter Lienhard



Verena Berlinger-Schmidlin, 12. Dezember 1943 bis 27. März 2006. Hier an der BuchBasel im Mai 2004. Foto: J.-P. Lienhard, Basel @ 2006


Vreni Berlinger-Schmidlin gehörte zu den begnadeten Lokalschreibern Basels. Was sie so scheinbar als «Alltägliches» beschrieb, hatte jedoch Tiefgang: Sie war eine aufmerksame Beobachterin, eine Frau, die kein Blatt vor den Mund nahm, wenn ihr etwas Menschliches oder gar Allzumenschliches auffiel. Was nicht jedermanns Sache war, schon gar nicht die der Berufs-Fasnächtler. Denn genau von dieser Seite kam Kritik in empfindlich verletztem Ton und verletzend gegenüber der scharfsinnigen Schnitzelbangg-Verfasserin Vreni.

Sie stürzte am Morgen vor dem letzten Bummelsunndig 2006 in einem Basler Café die Treppe zur Toilette hinunter und starb nach mehrstündigen Operationen am offenen Schädelbruch tags darauf - ohne das Bewusstsein wieder erlangt zu haben. Ein dummer Unfall, den die so kluge und begabte Frau aus ihrer stets engagiert ausgeübten Tätigkeit als Allein-Redaktorin bei der Quartierzeitung «Stadttambour» jäh herausriss. Sie wollte zusammen mit dem Gründer, Hansruedi Schwabe, die Jubiläumsnummer besonders witzig gestalten. Jetzt liegt ihre Arbeit brach; ihre Kollegen und Kolleginnen sind erschüttert und gelähmt - wie es weitergeht weiss niemand, will momentan auch gar niemand wissen.

Noch vorgestern wollte ich sie anrufen, um wieder mal etwas zu plaudern, natürlich mit dem Hintergedanken, dass sie wieder mal eine Kolumne fürs webjournal.ch freigibt. Solche «Zufälle» gibt es also - als ob mir was in den Ohren geläutet hätte… Wieder einer, wieder eine weniger in Basel. Und wieder eine weniger, die schreiben konnte mit dem Herzen und Zeilen vollbrachte, die ans Gefühl gingen. So ein Verlust!

«Der Bär kommt», hiess ihr letztes Kinderbuch, das sie für die Gesellschaft zum Bären schrieb. Bekannt wurde auch «Das Wunderkinderzimmer», und natürlich die vielen sinnigen «Leitmotive» auf der Titelseite des «Stadttambours», worin jeder ihrer Artikel zum Geschehen in den Grossbasel-West-Quartieren ihre ganz persönliche und sorgfältig getextete «Handschrift» trug. Nie anbiedernd, aber immer voller Anerkennung, wenn sie über besondere Anlässe von Vereinen und Gewerbe schrieb. Sie war das «Ohr» des Quartiers und hatte ein besonderes «Auge» für die Einsamkeits-Emigranten unter den älteren und behinderten Menschen.

Den vielen Todesanzeigen in den Basler und Basellandschaftlichen Zeitungen kann man entnehmen, dass Verena Berlinger-Schmidlin in beiden Stadtteilen, in Gross- und Kleinbasel, ebenso geschätzt war - nicht nur in Fasnächtler-Kreisen. Schliesslich hatte sie auch mit ihren kabarettistischen Auftritten am Schweizer Fernsehen in «übrigens» eine Fangemeinde weit über die Stadtgrenze in die ganze Deutschschweiz gewonnen.

Die Abdankung ist am Montag, 3. April 2006, 14.30 Uhr, in der Predigerkirche am Totentanz in Basel.



Leserbrief

Ein Basler Original weniger...

Vreni Berlinger ist nicht mehr unter uns. Wie war ich bestürzt, als ich heute Morgen in der Basler Zeitung die vielen Todesanzeigen gelesen habe. Es ist lange her, als ihre Satire-Sendung "Übrigens" im Schweizer Fernsehen über den Äther kam, doch ich mag mich noch gut besinnen, wie sie fröhlich und witzig im Kiosk stand und ihre selberverfassten Texte vortrug. Leider wurde diese Satire-Sendung - wo u.a. auch Franz Hohler und Birgit Steinegger in regelmässiger Abwechslung zum Zug kamen - später zum Leidwesen
vieler Zuschauer abgesetzt; dies wie so manches im Leutschenbach, was zwar pointiert scharf rüberkam ("Flamingo" lässt grüssen!), aber den gewünschten
Quoten nicht standhielt. Ich bin Frau Berlinger nur ein einziges Mal begegnet, obschon wir seit vielen Jahren in der selben Stadt wohnten. Anlässlich jener Begegnung im Tram vor etwa 15 Jahren konnte ich ihr mein Kompliment gleich persönlich aussprechen.
Ihr Tod kam nun so überraschend und viel zu früh - und Basel hat ein Original weniger...

Roland Di Dario, Basel

Von Jürg-Peter Lienhard

Für weitere Informationen klicken Sie hier:

• Lesen Sie die Vorstellung von Vreni Berlinger auf webjournal.ch


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