Anzeige:
Abschaltung

Artikel vom 21.08.2005

Druckversion

Fliegerei

Aktualisiert am 21.8.2005: Flugtage abgesagt

Pilot an Flugschau Dittingen umgekommen

Aktualisierte Schlagzeile: Die Organisatoren der Dittinger Flugtage haben Sonntag, 21. August 2005, die Flugtage allein wegen des schlechten Wetters abgesagt, obwohl sie trotz des tödlichen Absturzes vom Tag zuvor, die Demonstrationen durchführen wollten

Von Jürg-Peter Lienhard



Der Moment des Absturzes der selbstgebastelten «Spitfire»-Replika, gefilmt von Jan Bürgi und ausgestrahlt in der Nachrichtensendung «7vor7» auf TeleBasel und in der Tagesschau des Deutschweizer Fernsehens.



DITTINGEN (BL) jpl. - Dies ist bereits Tradition an den Dittinger Flugtagen, traurige Tradition: Am Samstag, 20. August 2005, stürzte ein Pilot mit seiner nachgebauten «Spitfire» tödlich ab. Der zweite Absturz in Dittingen an einem Flugtag und der erste Tote. Aktualisierte Meldungen am Schluss dieses Artikels in Wiederholung unserer News vom Sonntag, 21. August 2005.

«TeleBasel» zeigte in seiner Nachrichtensendung «7vor7» ein von einem Amateur-Filmer aufgenommenes Viedo, wie die «Spitfire» plötzlich ins Trudeln geriet und weitab von den Zuschauern in ein bewaldetes Tal stürzte. Die Zuschauer an den Flugtagen mochten jedoch den tödlichen Ausgang dieser Demonstration nicht mitbekommen haben, oder meinten, die Trudelspirale gehörte wohl zur Show des Piloten.

Indes stiegen sofort danach Helikopter, darunter einer der Rega, auf und konnten die Absturzstelle in einem unwegsamen Gelände in der Nähe von Röschenz ausmachen. Der 39-jährige Pilot war tot; er ist sofort beim Aufprall getötet worden.



Original-Spitfire-Aufnahme von unten. Das englische Jagdflugzeug lernte über dem Ärmelkanal der deutschen Luftwaffe im 2. Weltkrieg grausam das Fürchten. Die kurzen Flügel (Spannweite: 11,23 m) und der starke Rolls-Royce-Griffon-65-Motor mit 2050 PS machten es äusserst wendig und für feindliche Jäger schwer zu erwischen.



Bei der «Spitfire» - dem berühmten Jagdflugzeug der Engländer im Zweiten Weltkrieg - soll es sich gemäss Flugtage-Information um eine «Replika», also um einen Nachbau gehandelt haben, den der verunglückte Pilot selber gebastelt hatte. Allerdings war die Maschine mit einem weniger starken Aggregat bestückt, als die sagenhafte Originalmaschine.

Die Absturzursache ist Gegenstand von Ermittlungen und Untersuchungen durch das Büro für Flugunfalluntersuchungen (BFU) des Bundesamtes für Zivilluftfahrt (Bazl) in enger Zusammenarbeit mit der Polizei Basel-Landschaft. Die Absturzstelle wurde weiträumig abgesperrt. Im Einsatz standen rund 50 Rettungskräfte.



Doppeldecker «Bücker-Jungmann», ein ähnlicher Typ, wie er seinerzeit von Herbert Mauch auf dem Dittinger Flugfeld zu Schrott geflogen wurde.



Schon in den siebziger Jahren an den Dittinger Flugtagen stürze eine «Bücker-Jungmann» Doppeldecker-Akrobatikmaschine unmittelbar hinter den Reihen der Zuschauer in ein abschüssiges Gelände: Damals hat Pilot Herbert Mauch eine fahrlässig tief geflogene Kunstlfug-Thrille ausgeführt und deshalb die Maschine nicht mehr rechtzeitig hochziehen konnte. Er überlebte dank irrwitzigen Zufällen. Das Publikum hingegen erlebte den Absturz mit grossem Schrecken und einige darunter mit einem anhaltenden Schock!

Pilot Mauch schlug schlug haargenau in eine am bewaldeten Rand der Piste befindliche kleine Lichtung auf. Die Lichtung war zudem abschüssig, so dass das Fluggerät nicht zerschellte, sondern im Gras zum unmittelbaren Waldrand zurutschte. Noch bevor es in die Baumstämme prallen musste, traf es mit dem rechten Flügel an eine auf der Lichtung stehende Telefonstange, um die sich das Flugzeug gewissermassen «wickelte», es also um 180 Grad drehte und stoppte. Sonst wäre es in die Waldbäume geprallt, wodurch der Pilot mit Sicherheit getötet worden wäre. So aber überlebte er unverletzt, ausser dass er kurz wie betäubt in der Maschine wartete, bis ihm Helfer aus dem offenen Pilotensitz befreien konnte.

Das nutzte der abgestürzte Kunstflug-Pilot, um sofort den herbeigeeilten Presse-Journalisten zuzurufen: «Ich sagte mir: nur nicht ins Publikum stürzen.» Doch das tönte für die Beobachter gleichwohl sehr fadenscheinig, denn sie mussten schon vor Beginn der Vrille feststellen, dass nicht nur die Flughöhe für so ein «Kunststück» zu tief angeflogen war, sondern dass der Pilot keine Kontrolle über sein Flugzeug für so ein gewagtes Kunststück haben konnte. Die spätere Unfall-Untersuchung belegte, dass er, wohl, um den Amateur-Fotografen unter dem Publikum möglichst nahe zu kommen, viel zu tief zur Vrille angesetzte hatte. Auch dass er sich angeblich in den Pedal-Riemen verheddert habe, war eine unglaubwürdige Notlüge. Immerhin verlor er nicht nur seinen Doppeldecker, sonder auch die Kunstflug-Lizenz.

Alle Flugtage irgendwo sind stets grosse Risiken für Piloten und Zuschauer - eigentlich sollte kein vernünftiger Mensch dorthingehen!


Presse-Communiqué der Dittinger Flugtage vom 20. August 2005

Das Organisations-Komitee hat in der Folge des tödlich velaufenen Flugzeugabsturzes am Abend des Samstag, 20. August 2005, über die Weiterführung der Dittinger Flugtage beraten. Dabei beschloss es einstimmig, dass «unter Berücksichtung aller Aspekte und relevanten Entscheidungs-Grundlagen»,

die Dittinger Flugtage 2005 auch am Sonntag, 21. August 2005, weitergeführt werden sollen.

Massgebend für diesen Entscheid sei, dass sich «die anwesenden Piloten dafür einsetzten, am Sonntag wiederum ihre Vorführungen zeigen» zu wollen. Ein enger Flieger-Kamerad des Verunglückten habe die Leitung des Flug-Meetings zu diesem Schritt «ermutigt, da nach seinen Worten sein Freund sich dies in jedem Fall gewünscht habe».



Der «Spitfire»-Nachbau-Pilot hatte beim Absturz keine Überlebenschance: Bergung des 39-jährigen aus Aigle (VD) in einem Wald bei Röschenz.


Aktualisierung

Die folgende Meldung wurde am Sonntag, 21. August 2005, in der dritten Spalte rechts auf der Hauptseite von webjournal.ch unter den Tages-Aktualitäten «Aktuelles vom 21. August 2005», aufgeschaltet. Wir geben sie hier nochmals und zur Erhaltung im Archiv wieder:

Dittinger Flugtage wegen Wetter abgesagt

DITTINGEN (BL) jpl.- Obwohl die Organisatoren der Dittinger Flugtage vom 20./21. August 2005 nach dem Absturz eines «Spitfire»-Nachbaus mit tödlicher Folge für den Piloten noch am Unglückstag, am Samstag, 20. August 2005, beschlossen hatten, die Demonstrationen auch am Sonntag, 21. August 2005, weiterzuführen, machte ihnen das regnerische Wetter am zweiten Flugtag einen Strich durch die Rechnung: Die Veranstaltungen mussten abgesagt werden.

Die Bergung der verstreuten Wrackteile in einem Seitental der Birs am Fuss des Blauen können noch am Sonntag, 21. August 2005, abgeschlossen werden, wie ein Polizeisprecher sagte. Für diese Arbeiten im unwegsamen Gelände «Schlegelhollen» werde auch die Armee beigezogen. Nach dem Absturz war das Gebiet weiträumig abgesperrt worden.

Warum der 39-jährige Schweizer aus Aigle im Waadtland abstürzte, bleibt unklar. Er galt als erfahrener Pilot und besass die erforderlichen Zulassungen. Sein Nachbau einer einmotorigen englischen «Spitfire» aus dem Zweiten Weltkrieg war laut den Organsatoren in einer hochgezogenen Linkskurve plötzlich abgeschmiert und auf Röschenzer Boden unweit des Dittinger Flugfeldes im Wald zerschellt.

Von Jürg-Peter Lienhard


Klicken Sie hier, wenn Sie fortan bei neuen Artikeln dieses Autors benachrichtigt werden wollen!


Anzeige:

PlagScan



Nach oben


Copyright © 2003 by webjournal.ch

 

Die Funktion Newsletter ist wegen Spam blockiert. Schreiben Sie eine Mail an info(ad)webjournal.ch mit dem Betreff: «Bitte newsletter zusenden» Besten Dank für Ihr Verständnis.