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Artikel vom 07.12.2004

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Kultur

Hirschhorn provozierte «erfolgreich»

Das Stöckli bestraft Pro Helvetia: Schlägt den Esel, meint aber den Sack…

Von Jürg-Peter Lienhard



Ob er wohl doch kalte Füsse bekommen hat, oder ob die Pro Helvetia intervenierte: Dem Schweizer Kreuz auf Hirschhorns Plakat zur Ausstellung fehlen noch die Balken, die es zum Hakenkreuz machen würden. Immerhin ist es schon so schräggestellt, dass es dem Betrachter geradezu als dieses Verbrecherzeichen vorkommt.


Der Ständerat hat auf die Provokation des Bündner Künstlers Thomas Hirschhorn reagiert und im Sinne einer Strafaktion im Budget der Pro Helvetia für das Jahr 2005 eine ganze Million gestrichen.

Mit der Kürzung des Gesamtbudgets auf 33 Millionen Franken soll ein klares Zeichen gegen dieses mit Steuergeldern unterstützte «primitive und menschenverachtende» Machwerk gesetzt werden, hat der Zuger CVP-Abgeordnete Peter Bieri im Namen der bürgerlichen Mehrheit erklärt.

Hirschhorn hat in Paris eine sowohl künstlerisch wie auch geschmacklich höchst umstrittene «kritische Ausstellung» zur Situation der «direkten Demokratie Schweiz» gestaltet und mit einem Theaterstück klar die Grenzen des menschlichen Anstands verletzt: Weil er mit der Wahl von Christoph Blocher in den Bundesrat nicht einverstanden ist, lässt er bei einem «Happening» einen Schauspieler an das Porträt Blochers pinkeln.



Sieht etwa so aus, wie man sich in den fünfziger Jahren einen Intellektuellen vorgestellt hat: Thomas Hirschhorn, der einen Mistkübel als Künstler-Seele hat…



Plakat und Einladung zur Vernissage zeigen ein Folterbild aus dem irakischen gefängnis Abu Ghraib, «verziert» mit dem an das Hakenkreuz erinnernde, schräg gestellte Schweizerkreuz und den Wappen von Uri, Schwyz, Unterwalden und der Eidgenossenschaft sowie mit dem Spruch «I love Democracy».

Die Ausstellung provozierte genau in dem Moment, wo die Budgetberatung im Ständerat für die Kulturstiftung Pro Helvetia anstand. Hirschhorn wurde für die stilistisch als «Mistkübel»-Ausstellung (Trash-Art) konzipierte Show von der Pro Helvetia mit 180‘000 Franken - aus Steuergeldern - entschädigt.

«Strafaktion» trifft vor allem Unbeteiligte Künstler

Die Strafaktion des Ständerates belastet die Pro Helvetia aber mit einer Million. Dadurch wird allerdings nicht der Künstler bestraft - der hat den Klotz schon erhalten und wohl auch verpulvert -, sondern etliche andere Projekte der Jugend- und Volkskunst.

Eine Minderheit im Ständerat warnte deshalb – erfolglos – vor einer emotionalen Strafaktion im Rahmen einer Budgetdebatte. Die Ausstellung von Hirschhorn sei zwar geschmacklos, «unsere Demokratie ist jedoch gefestigt genug, dass wir auch einen Hirschhorn verkraften können», meinte etwa der Solothurner SP-ler Ernst Leuenberger.

Nationalrat muss auch noch Stellung nehmen

Pro Helvetia wollte nichts zu dem Entscheid des Ständerates sagen. Ohnehin sei die Entscheidung noch nicht definitiv, auch der Nationalrat müsse das noch absegnen, sagte Direktor Pius Knüsel.

Dafür bedauerte es David Streiff, Direktor des Bundesamtes für Kultur, um so mehr. Die Verärgerung über Thomas Hirschhorns Ausstellung sei verständlich. Aber die Kreditkürzung treffe die Falschen, nämlich die Kulturschaffenden und die interessierte Öffentlichkeit. Die Freiheit der Kunst halte er für ein wichtiges Gut, so Streiff.

Gegen politischen Druck in der Kulturarbeit

«Politischer Druck gehört sich nicht in der Kulturarbeit. Ich hoffe, Pro Helvetia kann diesem Druck wiederstehen.» Markige Worte – von Adolf Muschg. Pro Helvetia sei nicht dazu da, für die Schweiz Werbung zu machen. Als Land werde man nur ernst genommen, wenn man selbstkritisch sei.

Bundesrat Pascal Couchepin, in dessen Departement die Kulturpolitik gehört, weilt zurzeit in Paris. Von Radio DRS um eine Stellungnahme zur Ausstellung und zur Budgetkürzung befragt, erklärte er lediglich, dass sich die Politik nicht in die Kunst einmischen sollte. Mit der Budgetkürzung von einer Million bestrafte man auch andere Künstler, die nichts mit dieser Ausstellung zu tun haben.

Von Jürg-Peter Lienhard


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