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Artikel vom 16.06.2004

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Basel Art 04

Foto-Rundgang

Ein «konsolidierter» Jahrgang

Die Basel Art ist keine Ausstellung, sondern eine Verkaufsmesse - interessant ist aber auch, was nicht verkauft wird… ACHTUNG: 26 Fotos führen zu längerer Ladezeit!

Von Jürg-Peter Lienhard



Ein wurstiger «Torso» aus Luft und Ballonstoff ist das diesjährige «Wahrzeichen» der Basel Art 04 vor der Halle mit der grossen Uhr und dem Messeturm aus Glas. Foto: J.-P. Lienhard, Basel 2004

BASEL.- Es gibt für alles ein Fremdwort - doch für «Langeweile» habe ich keins gefunden. Was man so an der Basel Art 2004 als Eindruck mit nach Hause nimmt, könnte man allerdings mit dem Fremdwort «konsolidiert» umschreiben - was «gesichert», «gefestigt» heisst. Je nach Lebensanschauung heisst das eben: «langweilig»…

«Gesichert», «gefestigt» sind die Eigenschaften, die Herr und Frau Bourgeois auszeichnen - allerdings nicht in bezug auf den Charakter, sondern mit Bezug aufs Portemonnaie! Und solche - die Portmonnaies - sah man en masse an der Vernissage der Basel Art 04 durch die Hallen der weltrennomiertesten Kunstmesse filmreif spazieren oder blasiert schlenkern. Ein etwas seltsames Zusammentreffen: Hier die oft als arme Schlucker darbenden kreativen Künstler und da die stinkreichen Langweiler, die viel Geld für Kunstwerke ausgeben - in der Regel dem Galeristen und kaum dem Künstler…Darum sprudelte der Champagner an den Ständen der reichen Galeristen, wo schöne Frauen in teuerstem Plunder die gutbetuchten Gäste empfingen.



«das ist keine Frage der Kunzt.», hat ein Dreikäsehoch mit seinen ungelenken Schüler-Buchstaben irgendwo auf eine Wand gekritzelt. Ob dem der Unterschied zwischen Kunst und Kommerz schon geläufig ist - oder ob sowas nun bereits in der Grundschule gelehrt wird? Lässt sich ja auch leichter lernen, als die wirre «neue Orthographie» - was hinwiederum auch keine Frage der Kunst ist. Oder der Kuntzt, oder der Kunz. Oder doch der Kunst?

Das Angebot dieses Jahr - wohl als Folge des allgemeinen Wirtschaftstiefs - kann man als «konsolidiert» bezeichnen. Als ausgesprochen «ausgewogen», «abgeschliffen», ja mitunter hier und mal dort auch als «déjà vu». Ausdruck vorsichtiger Galeristenpolitik des Angebots, was «sicher» ist, keine Schüsse in die Luft, Experimente höchstens in der «Gag-Ecke». Das erklärt auch, warum da und dort ein Picasso aus der Klamottenkiste angeboten wird - zweitklassige Würfe, die zu anderen Zeiten kaum angeboten worden wären. Ja und auch in der «Experimentierhalle» der «Art Unlimited» erwartet einem nach der ersten Neugier-Tour kein Gefühl, das sich irgendwie Luft verschaffen sollte. Weder Schock noch Skandal, sondern einfach: «hhmm»…

Gleichwohl: wer die Basel Art 04 besucht, kann vieles sehen und erleben, was man auch im kunstverwöhnten Basel kaum zu sehen bekommt. Und überhaupt das Publikum: dadurch wird die Basel Art 04 zu einem eigentlichen «Event». Gestalten, Figuren, schöne Beine, skurrile Erdenbürger, wie von einem anderen Stern, und das schönste dabei: Ein Riesenspektakel, das selbst den gegenwärtigen Fussballkult an den Rand drängt!

Wer die Basel Art 04 besucht, kann, wenn er Augen und Ohren offen hat, was erzählen. Ich lasse Sie dabei teilhaben mit einem Fotorundgang hier gleich nachfolgend. Dort wo die Bilder selbstredend sind, habe ich auf Legenden verzichtet, und dort, wo es eine Ergänzung braucht, nicht. Doch jetzt sehen Sie lieber gleich selbst:


Fotoromanza von der Basel Art 04 - Alle Fotos und Copyright by: J.-P. Lienhard, Journalist BR, Basel 2004




Das ist nicht etwa der Abfall des Vernissage-Buffets, sondern eine Skulptur: aus Messing, schwarz bemalt - damit könnte man den Mistkübelmännern einen gehörigen Schrecken einjagen…



Wie aus einem profanen Betonmischer-Lastwagen Kunst wird: Zumindest kunstvolle Fleissarbeit…



Von den Japanerinnen sind wir schwarzblaue Haare gewohnt - wenn diese asiatische Besucherin wüsste, was wir hierzulande von Blondinen halten…



Dieses Jahr war es kein «Blutter im Sand», der als Selbstdarsteller das Publikum verblüffte, sondern eine «Circus-Performance» - übrigens unweit des Gastspielstandortes des «Schweizer Nationalcircus Knie».



Zur Performance gehörte eine veritable Tortenschlacht. Weil da immer einer mit dem Fotoapparat davorstand, gelang das Schlachtenbild erst am Ende der Schlacht…



So dürften zahlreiche missliebige Politiker aus der Wäsche geguckt haben, die auch mal in eine Torte liefen…



Auch dieses Kunstwerk - es ist kaum zu glauben - ist käuflich zu erwerben. Der eventuelle Käufer muss sich allerdings beeilen, denn das Kunstwerk ist aus Eis…



Wer findet auf diesem Bild von Picasso das skandalöse Frühstücksgedeck - das auch auf Manets Original schon fehlte?



Dieses Cellulitis-Haus steht nicht in Dornach, sondern in der Halle 1 bei Art Unlimited



Manchmal machts der Blickwinkel und nicht der Kunstgegenstand, der Poesie in eine Industriehalle zaubert…



Dieses witzige Kindfräulein ist Teil eines Kunstwerkes…



…zu dem auch seine Mutter gehört: «Lebendart» nennt sich wohl die neue Kunstrichtung und ist erfunden worden von der Künstlerin Julia Scher, die in der New-Yorker Rosen-Gallery ausstellt.



«Julia», heisst denn das Mutter/Tochter-Lebendkunstwerk in Pink und Schreck-Grün…



…und weils so witzig, gleich auch noch von hinten: Das «Security»-Lebendkunstwerk von Julia Scher.



Was macht Klein-Reinhardt, wenns Mami nicht zuhause ist? Er klettert auf den teuren Salon-Möbeln rum…entsetzt man sich beim Betrachten dieses Bildes. Jedoch zeigt es in Wirklichkeit eine verkehrte Welt: «Klein-»Reinhardt ist in Tat und Wahrheit über einsneunzig gross und zählt gar 72 jugendliche Lenze - das Mobiliar steht aber nicht in Gullivers guter Stube, sondern ist Teil einer Ausstellungsbox in der Halle 1 der Art Unlimited. Die Riesenmöbel zwingen erwachsene «Begeher» in ihre längst nicht mehr gegenwärtige Windelzeit zurück…



Kopf- oder Fussball? Das ist die Frage. Mir gefallen schöne Köpfe ja sowieso besser als blöde Fussbälle!



Die Nackten und die Gebildeten: Ein hintersinniges Sujet für ein Gruppenbild mit Damen.



Die «Griechischen Philosophen»: Meinte Giorgio De Chirico, der berühmte, teuer gehandelte Künstler der klassischen Moderne, das seien gesichtslose Eierköpfe? Ich denke vielmehr, er habe die Philosophen so gemalt, was sie der grossen Masse eben bedeuten…



Der Herr des Blicks greift sich an die Brieftasche: Will er kaufen, oder nachsehen, ob er genug Münz fürs Drämmli hat?



Wer Haare hat, rasiert sich einen Bluttkopf, wer keine hat, montiert sich ein Toupet - welch verkehrte Welt der Moden! Sämi Keller, Chef der Basel Art, begrüsst hier von der Grossleinwand herab die internationalen Kunst-Journalisten in englisch mit gut hörbarem Basler Einschlag - was ja nicht verboten ist… Ihn umringen auf der Bühne die Mitglieder des Messekomitees.



Selbstporträt des Fotografen JPL vor der gläsernen Messetoilette - ebenfalls ein Kunstwerk (die Toilette), wenngleich auch nicht unbedingt benützbar…

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Wo sich die Kunstwelt ein Stelldichein gibt, trifft man eben auf Schritt und Tritt auch Prominenz: Heinz Spoerli, international gefeierter Ballett-Choreograph aus Basel und in Zürich engagiert, posiert mit seiner neusten Ballettratte (auch ein Kunstwerk).



Das ist kein Flugzeug, sondern ein Schiff. Und auch nicht die doofe Werbung der Zürcher Verkehrsbetriebe. Aber eine sehr schöne textile Arbeit in der Halle 1 von Art Unlimited.



Das Wurst-Monument «Torso» - umringt von Hornussen und Fahnenschwingern…



Die Wasserfläche vorne ist eben kein Brunnentrog, sondern das geflutete Betonfundament des abgerissenen Dienstleistungs-Provisoriums der Messe Basel - hässlicher oder gar biliger konnte man den jetzigen Messeplatz nicht mehr «gestalten».

Von Jürg-Peter Lienhard


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