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Artikel vom 09.12.2003

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Theater-Kritik

Ursle - Monolog für eine Schauspielerin

Wundervoller Dickkopf

Guy Krneta: «Ursle - Monolog für eine Schauspielerin», Theater Basel, Kleine Bühne. Wiederholungen am 17. (16 h), 18. (10.30 h) und 28. (15 h) Dezember 2003.

Von Reinhardt Stumm

Das Wort Eifersucht kommt in diesem Stück gar nicht vor, der Autor ist klüger. Er weiss, dass es falsch wäre. Nur Verlegenheit könnte das Verhalten dieses Mädchen eifersüchtig nennen.

Die sechsjährige Ursle wehrt sich einfach mit all ihren Kräften dagegen, der immer nur mangelhafte Ersatz für einen Bruder zu sein, der - dreijährig - starb, bevor sie überhaupt auf die Welt kam. Sie fordert das Recht auf ihr eigenes Dasein, und sie hat Anspruch darauf, hat Anspruch auf ihre eigene Art, Anspruch auf ihre Dickköpfigkeit, ihre Lebenslust, und sie hat ein Recht auf ihre Weigerung, fort und fort mit ihren Eltern um den verlorenen Bruder zu trauern. Es war nicht ihrer! Sie fordert ihr eigenes Leben.



Ursle wehrt sich listig und mit wundervoller Eindringlichkeit dagegen, zum missratenen Nachbild eines Engels gemacht und damit um die Elternliebe betrogen zu werden, auf die sie Anspruch hat.

Der Autor versteht sein Geschäft. Das Stück formuliert nicht - das überlässt es uns -, es beschreibt. Jedes Kind kann es begreifen. Die Regie (Matthias Lehmann vom Zürcher Theater an der Sihl, das «Ursle» auch produziert hat) bringt ganz ohne Anstrengung Bewegung in die Geschichte. Ursle, ein Mädchen voller Mutterwitz, erzählt und erzählt - in schönstem Berndeutsch. Was sie erzählt, wird zum Bild einer Familie, die vor lauter Trauer über einen Toten die Lebenden vergisst. Sie schaukelt vergnügt, zeigt mit pantomimischem Nachdruck, wie sie ihre Eltern auf dem Friedhof zur Verzweiflung treibt, freut sich über gelungene Streiche - und das Publikum liest den Subtext dazu. Rahel Hubacher ist eine wundervolle Ursle, verschmitzt und vergnügt, und wenn sie auch zehnmal nicht imstande wäre, zu formulieren, was sie eigentlich will, sie weiss genau, wie sie es erreichen kann. Sie erreicht es. Ein ganz kleines Stück, das Kindern Mut zu sich selber macht und Eltern nachdenklich.


Von Reinhardt Stumm


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