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Artikel vom 06.12.2005

Basel - Allgemeines

Öffentlich Schiffen wird billiger

«Säuniggel»-Delikte werden in Basel-Stadt nicht mehr ans Gericht verzeigt, sondern mit einer «Ordnungsbusse belegt»

Von Jürg-Peter Lienhard



Auch FCB-ler müssen, dürfen schiffen - so wie hier allerdings kostets neuerdings in Basel eine «Sofortbusse» von 50 Franken - ohne Verzeigungs- und Gerichtsgebühren.



BASEL.- Wer bislang dabei erwischt wurde, wie er auf Allmend, also im öffentlichen Raum, in eine dunkle Ecke hineinschiffte, dem kam diese Notdurft teuer: Nebst der Busse musste er Verzeigungs- und Gerichtsgebühren bezahlen. Damit sich die Gerichte künftig nicht mehr mit Eckenschifferei oder Hundskaigeln herumplagen müssen, stellt die Regierung von Basel-Stadt auf das «Ordnungsbussen-System» bei «Säuniggel»-Delikten ab und hofft auf die «Erziehungswirkung», die sie einer Sofortbusse zuschreibt.

Das Herumschiffen auf den Strassen, beispielsweise nach einem FCB-Match, das verbotene Liegenlassen dessen, was Fifi eben auch machen muss, Schoggipapierli oder Bierbüchsen auf dem Trottoir wegschmeissen oder einen Saulärm veranstalten - das wurde bislang in Basel-Stadt mit einem aufwendigen Verfahren beim Gericht geahndet. Dass die beim Gericht deswegen langsam aber stets lauthalser zu stöhnen begannen, weil ja die heilige FCB-«Kultur» der aktiven «Ausgehgesellschaft» in Basel vormacht, alles sei erlaubt, was Dreck macht, Lärm verursacht und sonstwie jeden menschlichen Anstand vermisst, das war auch bei der Regierung nicht mehr zu überhören.

Darum hat der Regierungsrat von Basel-Stadt am Dienstag, 6. Dezember 2005 - welche Koinzidenz -, die Rute aus dem Sack gepackt und eine neue «Verordnung über die direkte Erhebung von Bussen für Übertretungen des baselstädtischen Rechts» in Kraft gesetzt, die der Polizei erlaubt, den Säuniggeln an Ort und Stelle eine Sofortbusse abzuknöpfen.

Sofortbussen bis 300 Franken

Auf Amtsdeutsch heisst das: «Nach der neuen baselstädtischen Ordnungsbussenverordnung kann die Kantonspolizei für Übertretungen des baselstädtischen Rechts Ordnungsbussen bis zu 300 Franken direkt verhängen und einkassieren, sofern der Sachverhalt klar ist und die fehlbare Person dieser Erledigung zustimmt.» Andernfalls, ja andernfalls, gehts dann halt doch wieder vor Gericht.

Mit der neuen Verordnung glaubt die Basler Regierung gleich zwei Fliegen auf einen Klappenstreich treffen zu können: «Eine direkte Bussenerhebung an Ort und Stelle rationalisiert die Polizeiarbeit und entlastet das Strafgericht. Es muss nicht mehr für jeden Bagatellfall eine Verzeigung ans Gericht gemacht und danach ein Strafbefehl ausgestellt werden.»

Und weiter gehts im Gutmenschen-Stil: «Bei der fehlbaren Person bewirkt eine Sofortbusse eine bessere Erziehungswirkung als ein mehrere Wochen später vom Gericht erlassener Strafbefehl.» Dass dadurch dem Verzeigten Kosten erspart werden, weil er weder Verzeigungs- und Gerichtsgebühren drauflegen muss, heisst doch, dass Rumschiffen billiger wird. Und: die «Sofortwirkung» wird allein erzielt durch die «Erleichterung», die das Schiffen gebracht hat… Na, lassen wir das!

Der «Auswahl»-Katalog

Was die Leute so alles im öffentlichen Raum veran- und verunstalten, ist immerhin sehr eindrucksvoll und der neue Bussenkatalog deswegen nicht minder lang. Sie umfasst 30 «Tabestände», von denen die Regierung einige mit Beispielen und dem dazugehörigen Tarif (in Schweizer Franken!) «illustriert»: Diese reichen von Betteln (50) über verbotenes Plakatieren (100 bis 200), Verrichten der Notdurft auf Allmend (50), Störung der Nachtruhe (100), verbotenes Beseitigen von Kleinabfällen (50), Missachten der Vorschriften über die Beseitigung von Hundekot (100) bis zur Erregung von öffentlichem Ärgernis im Rauschzustand (100) und dem Nichttragen des Namensschildes der Taxifahrer (20).

Dabei weist die Regierung etwas bewusst lakonisch daraufhin, dass diese Liste «nach Auswertung erster Erfahrungen später ergänzt oder reduziert werden» kann. Die Bussenansätze entsprechen indessen aber den jetzigen Ansätzen der Strafbefehlsrichter - ohne Gebühren notabene.

Der Kampf gegen Menschendreck ist ein ewiger und steht im Widerspruch zur Natur - denn das kann man im Basler Zolli sehr gut lernen: Alles, was auf Bäumen hockt, kriegt man nie stubenrein. Vögel und Affen zum Beispiel, und da der Mensch eben vor nicht allzulanger Zeit von den Bäumen runterkam, wird er noch sehr lange Zeit brauchen, bis er nicht mehr alles «gheie looht»…




Tatbestand «Erregung von öffentlichem Ärgernis im Rauschzustand»: 100 Sofort-Hämmer!

Von Jürg-Peter Lienhard

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