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Artikel vom 02.11.2009

Basel - Allgemeines

Mit Fotorundgang

Wenig festfreudiges Publikum

War es das schöne Herbstwetter, die verzettelten Festplätze zwischen Volta- und Vogesenplatz, die Herbstmesse, dass das abschliessende Nordtangentenfest vom Samstag, 31. Otkober 2009, so schlecht besucht war?

Von Redaktion



Es gibt auf der Volta-Nordtangente sogar ein Quartiertreff für Migranten aus dem Balkan mit dem Namen «Nordtangente»… Alle Fotos: J.-P. Lienhard, Basel © 2009


André Frauchiger, der Medienverantwortliche des Tiefbauamtes Basel-Stadt konnte einem leid tun: Er hatte ein tolles Programm für das Einweihungsfest der Nordtangente zwischen dem Volta- und Vogesenplatz auf die Beine gestellt: Jazzbands und Kilbevergnügen hatten nur wenig Publikum aus den umliegenden Wohnbauten auf die Strassen und Plätze zu locken vermocht. Nach der 15 Jahre dauernden Lärmplage war kein dankbares Festgefühl auszumachen.




Es klafften einige Lücken in der Festbank-Bestuhlung auf dem Vogesenplatz, obwohl hier doch noch einiges Volk zusammenkam. Wohl auch wegen Gratis-Wienerli von Coop. Foto: J.-P. Lienhard, Basel © 2009



Erst am späten Samstagnachmittag schien so etwas wie Feststimmung auf dem Vogesenplatz aufzukommen. Dank der Dixielandkapelle «Jazz-Attack» (im Hintergrund) und der Musikgesellschaft Harmonie Büsserach (die Musiker in Uniform sind hier im Vordergrund beim Pausemachen abgebildet), die unter der Leitung von Reto Borer steht. Er war übrigens als Ingenieur Mitgestalter an der Nordtangente und hat den mittlerweile zum Hit aufgestiegenen «Dreirosen-Rock» komponiert»… Foto: J.-P. Lienhard, Basel © 2009


Was sind die Gründe, fragt man sich. Im Bahnhof St. Johann zeigte ein Film von Heiner Petri die Stationen der Baustellen der Nordtangente. Petri war über all die Jahre als Hobby-Filmer auf der Baustelle präsent und hat die Arbeiten filmisch festgehalten und auf zwei DVDs gebrannt. Dieses teils in Zeitraffertechnik aufgenommene Zeitdokument lässt dem Laien erahnen, was diese gigantische Baustelle während 15 Jahren den Anwohnern an Lärm und Verkehr zugemutet wurde, aber auch, welch enorme Leistung der Ingenieurskunst sie bedeutet.

Die Untertunnelung der Nordtangente jedenfalls hat dem Quartier eine erhebliche Verbesserung der Lebensqualität gebracht. Warum kam da kein Dankbarkeitsgefühl auf, das man mit der Teilnahme an einem beschwingten Fest ausdrücken wollte? Sind die Anstrengungen, die jeder Bauarbeiter, die Ingenieure und Planer der Stadt geleistet haben, keine Dankbarkeit oder zumindest Festfreude wert? Ist es eine Zeiterscheinung, dass das alles «normal» und «selbstverständlich» ist? Wo steht das Denkmal des «unbekannten Bauarbeiters», dem die Anwohner eigentlich massenweise Kränze hinlegen sollten?

Obwohl noch Kosmetik am und im Quartier angebracht wird, kleine Verbesserungen da und dort und im Frühjahr Neupflanzungen, das Volta-/Vogesenplatz-Quartier hat eine Aufwertung erfahren, die auch optisch ins Auge sticht. Viele Altliegenschaften sind renoviert worden; die hässlich verrussten Fassaden, die von den Spuren des früher ununterbrochen vorbeidonnernden Verkehrs stammten, sind mit wenigen Ausnahmen sauber herunterputzt. Die Gasstrasse beispielweise glänzt sichtbar.

Die Voltastrasse hingegen ist mit seinen auffallenden Neubauten sogar eine richtige Augenweide. Die meisten Neubauwohnungen gar schon vermietet. Und wer dort eingezogen ist, tat gut daran: Von hier ist es ein Steinwurf nach Paris, weil der TGV am Sankt-Johann-Bahnhof hält, weil man mit dem Velo um die Ecke herum ins Spargelland von Village-Neuf trampeln kann, und man auch relativ einfach und schnell zum Flughafenbus gelangt. Abgesehen davon ist man mit dem neuverlegten Einser sowieso gewissermassen nach allen vier Himmelsrichtungen der Stadt dies- und jenseits des Rheins hervorragend bedient…

Foto-Impressionen, eingefangen von J.-P. Lienhard, Basel © 2009



Blick in die Voltastrasse mit den eleganten Neubauten zu beiden Seiten und dem Veloparking im Vordergrund für die Bahnstation Sankt Johann. Foto: J.-P. Lienhard, Basel © 2009




«Symbolokratie» an der schändlicherweise eingerüsteten Fassade des St.-Johann-Bahnhofs. Schändlicherweise, weil die SBB den Termin der Fertigstellung des Vogesenplatzes schon lange kannte und die Fassade schon lange hätte fertigstellen können… Die Analphabeten-Symbole wurden vom Verein Stellwerk zur Verschönerung des hässlichen SBB-Gerüstes angebracht.




Eingang zur historischen Güterhalle aus Holz-Fachwerk. Hier hatte erst kürzlich die sinfonietta basel den Kultfilm mit Buster Keatons «General» gezeigt und live die Musik dazu aufgeführt. Das Schild «Festhalle» könnte darüber hinwegtäuschen, dass es allein für das Vogesenplatz-Fest angebracht worden ist…




Und so sieht es innen in der «Festhalle», dem Güterschuppen des St.-Johann-Bahnhofs, aus. Abgesehen von der traurigen Leere am Vogesenplatz-Fest, kann man sich sehr gut vorstellen, was man mit diesem Raum auch sonst übers Jahr anfangen könnte!




Die «Tremolords» spielten vor total leeren Rängen - immerhin wunderbaren Dixie…




Den «Hackbrettler» kennt man in Basels Szene als «Wölfli»; er ist der Bruder des «Broadway»-Prinzipals David Schoenauer und ein begabter Schlagzeuger. Seine Fingerfertigkeit, aber auch seine elegante Figur mit dem «ewigen» weissen Schal, sind sein stets beeindruckendes Markenzeichen.




Oh, da gabs doch noch ein hübsches Pärchen, das mutig sein Tanzbein schwang - zumal es verschwenderisch Platz auf der Tanzfläche gab. Foto: André Frauchiger@Tiefbauamt Basel © 2009




Noch bevor die Coop auf dem Vogesenplatz ihren Gratis-Wienerlistand wegräumte, war es bereits dunkel. Aber das Dixiefieber kochte noch eine ganze Weile, bis…




…die Jazz-Attacker sich auf den Weg zum Voltaplatz machten, malerisch als Schattenrissfiguren vor dem beleuchteten Schaufenster der Apotheke am Vogesenplatz vorbeiziehend…





…wo es doch einige Unentwegte im «fortgeschritteneren Alter» es nicht lassen konnten, vergnügt ein Tänzchen zu wagen…




…derweil sich die Jugend im Pfeilwerfen übte. Nicht auf dem Bild: André Frauchiger, der mit dem Luftgewehr mit 6 Schuss 32 Punkte schoss und ein Plüsch-Katzenbusi abholte…




…dafür ist er hier auf dem Bild (rechts) mit den Wurst-Bratern vor dem Zentrum «Nordtangente».




Und so sieht das Wasserspiel auf dem Vogesenplatz by Night aus - im Hintergrund der St.-Johann-Bahnhof mit dem vom Verein Stellwerk dekorierten Baugerüst der unfertigen Fassade.




Apropos Filme von Heiner Petri: Es handelt sich um zwei DVDs. Die eine DVD von 23 Minuten Länge behandelt die Arbeiten am Volta-/Vogesenplatz von 2000 bis 2009 und kostet 10 Franken. Die zweite DVD enthält drei Filme zu 19, 21 und 22 Minuten, die den Bau der Nordtangente von 1988 bis 2008 dokumentieren. Diese DVD kostet 20 Franken; beide Kassetten 30 Franken. Zu beziehen beim Tiefbauamt Basel-Stadt.


Von Redaktion

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