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Artikel vom 07.10.2013

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Lörrach

Mit Fotoreportage und Infos am Schluss

Wie Lörrach sich den Nazis beugte

Sonderausstellung «Lörrach und der Nationalsozialismus» geht am 13. Oktober 2013 sehr erfolgreich zu Ende

Von Redaktion



Blickfang im Treppenhaus des Dreiländermuseums zur Ausstellung «Lörrach im Nationalsozialismus»: So beflaggt war ganz Lörrachs Innenstadt, zumal die Basler- und Tumringer-Strasse, die damals «Adolf-Hitler-Strasse» hiess. © foto@jplienhard.ch 2013


Die ausserordentlich gut besuchte zeitgeschichtliche Sonderausstellung «Lörrach und der Nationalsozialismus» im Dreiländermuseum ist nur noch bis zum 13. Oktober 2013 zu sehen. Das Interesse der Lörracher Bevölkerung und von Besuchern aus der gesamten Region war anhaltend gross. Immer wieder fanden intensive Gespräche statt. Bevor die Ausstellung am Sonntag, 13. Oktober 2013, endet, gibt es noch zwei öffentliche Führungen.



Hier wird deutlich, wie das Zitat von Kuonis Handbuben Seppi in Schillers «Wilhelm Tell» jeweils beim Schweizer Publikum gewirkt haben muss, während deswegen das Stück in Deutschland verboten war: «Die braune Liesel kenn ich am Geläut». Wer bislang nur die üblichen Schwarzweiss-Fotos kannte, muss hier staunen ob der martialischen Uniformen, vielleicht noch mehr, ob der faschistischen Phantasie, und wahrscheinlich sind solche Lumpen immer noch irgendwo auf einem Estrich in Lörrach eingekamphert… © foto@jplienhard.ch 2013

Das Interesse war und ist gross an der Geschichte der Stadt Lörrach in der Zeit des Nationalsozialismus. Seit Beginn der Ausstellung Ende April haben fast 9000 Besucher die Ausstellung gesehen. Auch das Angebot, sich mit der Thematik im Rahmen einer Führung näher zu beschäftigen, wurde rege genutzt.

Über 160 Gruppen - Erwachsene ebenso wie Schulklassen – meldeten sich an, darunter waren 40 intensive Geschichtswerkstätten. Mehr als 1100 Besucher kamen ausserdem zu den ausstellungsbegleitenden Veranstaltungen.

Insbesondere Zeitzeugen hatten das Bedürfnis zu intensiven Gesprächen über die dunkle Epoche unter dem Hakenkreuz. Die Ausstellung im Dreiländermuseum, die Führungen und die Veranstaltungen gaben ihnen dazu ausführlich Gelegenheit. Dort konnten sie ihre Erinnerungen und Erfahrungen einbringen und mit den wissenschaftlichen Forschungsergebnissen in Beziehung setzen. Jüngeren Besuchern gab dies ausserdem Gelegenheit, die historische Zeit aus der persönlichen Perspektive der Betroffenen hautnah zu erleben.



Wenn schon «Zinnsoldaten» mit Schlachten-Darstellungen eine reichlich perverse Sammlertätigkeit bedeuten, so bezeugen diese Kübelhelm-Soldatenfiguren, primitiv aus dem nicht kriegs-rationierten Lehm gefertigt, doch den Hurra-Faschismus der Nazizeit, wie er selbst ins Spielzeug Einzug hielt. © foto@jplienhard.ch 2013


Die Zeit des Nationalsozialismus ist zwar eine historische Epoche, dennoch beschäftigt das Thema auch sehr aktuell. So nutzte die Lörracher Polizei die Ausstellung für eine Fortbildung ihrer Mitarbeiter, um zusammen mit Museumsleiter Markus Moehring und Hansjörg Noe über das staatliche Gewaltmonopol zu reflektieren.

Ein Blick ins Besucherbuch zeigt Anerkennung und Erleichterung über das Projekt: «Eine ‚Gänsehaut-Ausstellung», schreibt ein Besucher. «Sie berührt und macht eine Zeit deutlich und versucht nichts zu beschönigen», ein anderer. Ein weiterer Besucher hält fest: «Eine wichtige Ausstellung für Lörrach».

Noch zwei öffentliche Führungstermine bietet das Dreiländermuseum an, die reguläre letzte Führung am Samstag, 12. Oktober 2013, um 15 Uhr, und eine zusätzliche Führung wegen der hohen Nachfrage am Sonntag, 13. Oktober 2013, ebenfalls um 15 Uhr. Dafür entfällt am Sonntag die ursprünglich geplante Führung in der Dreiländerausstellung. Wer die Ausstellung in Ruhe besichtigen will, sollte dazu die übrigen Öffnungszeiten wählen.

Die Exponate wandern nach Ende der Ausstellung nun wieder zurück ins Museumsdepot oder ins Stadtarchiv. Wichtige Exponate aus der Museumssammlung können aber auch nach Ausstellungsende online eingesehen werden: auf der Sammlungsdatenbank des Dreiländermuseums (Direktlink siehe unten). Auch der im Sommer erschienene Katalog kann weiter zum Preis von 9.80 €uro erworben werden. Er kam als Nr.18 in der Reihe «Lörracher Hefte» heraus und enthält die zentralen Texte der Ausstellung und fast 100 Abbildungen.

Fotos
von Jürg-Peter Lienhard, © foto@jplienhard.ch 2013



Lörrach verfügte über eine politisch aktive Arbeiterschaft, die lange dem Nazitum Widerstand bot. Selbst während der Nazizeit waren deswegen nicht alle Projekte des Nazi-Bürgermeisters durchsetzbar. Jedoch erhielt der braune Kerl nach dem Krieg gleichwohl die zweithöchste Stimmenzahl, als er sich uneinsichtig für die Wiederwahl aufstellte… © foto@jplienhard.ch 2013




Gemeinsamer Aufruf des Arbeiterbundes Basel mit der Sozialdemokratischen Partei Basel-Stadt, noch bevor nach Kriegsausbruch die Grenzen für private Übertritte dicht gemacht wurden: Dass die Nazis und ihre Mitläufer Kriminelle waren und kriminellen Terror ausübten, war in der Basler Bevölkerung ebenso bekannt, wie in der deutschen Nachbarschaft. Das Plakat ist einer der Beweise, dass niemand behaupten darf, «nichts gewusst zu haben»! © foto@jplienhard.ch 2013




Sieht «harmlos» aus, dieses Webeplakat für eine «Grenzland-Messe Lörrach». In Wirklichkeit war die Veranstaltung ein - schliesslich gescheiterter - Versuch, die Lörracher vor dem Besuch der um einiges doch attraktiveren Schweizer Mustermesse in Basel abzuhalten. Der Kriegsausbruch jedoch war wegen der hermetisch abgeriegelten Grenze diesbezüglich schliesslich um einiges wirkungsvoller… © foto@jplienhard.ch 2013




Im selben Gebäude, wo diese «Grenzland-Messe» hätte abgehalten werden sollen, ist heute das Dreiländermuseum Lörrach untergebracht. Es ist übrigens das altehrwürdige Gebäude des Lörracher Gymnasiums aus dem 18. Jahrhundert, worin auch Johann Peter Hebel als Lehrer wirkte… © foto@jplienhard.ch 2013




Das Gymnasium-Gebäude war sogar auch eine Zeitlang Wohnhaus des alemannischen Dichters und Verfassers der Basler «National-Hymne» «Z’Basel an mym Rhy». © foto@jplienhard.ch 2013




Und gleich daneben, im Gässlein zwischen Hebel-Gymnasium und der Kirche, die lapidar-vielsagende Skulptur «Existentielle Not» von Konrad Winzer, 1996… © foto@jplienhard.ch 2013




Ja, und dann lohnte sich alleweil ein Spaziergang durch die ehedem «Adolf-Hitler-Strasse» geheissene Basler- und Tumringer-Strasse von heute, wo in der Mitte der Burghof, dieses Kulturhaus mit dem weit über die Grenzen stahlenden Programm, wo es am Samstag den farbenprächtigen Markt mit den unglaublich vielfältigen Produkten aus einheimischer Produktion (oft «sälbschtgmacht») und den vielen Café-Terrasses und ganz zuoberst das Arabica, das ganz auf Schokoladensorten aus der ganzen Welt spezialisierte Degustations-Lädeli gibt. Hier eine von einem Tischchen auf dem Rathausplatz aufgenommene Foto einer Skulptur, die den beiden Buben eine prächtige Aussichtsgelegenheit bot. Leider stand nirgends, von wem die Skulptur stammt und an wen oder was sie mal denken lassen soll. © foto@jplienhard.ch 2013




Eigentlich ist es uns allen lieber, wenn statt Nazi-Fahnen und Braunhemden tödliche Stimmung in der Lörracher Innenstadt verbreiten, eben lustige und fröhliche Polterabend-Weiber ihren Schabernak zum Ergötzen der Kaffeehaus-Klientele treiben. Oder etwa nicht? © foto@jplienhard.ch 2013



Information

Öffnungszeiten und Preise

Reguläre Öffnungszeiten
Mittwoch - Samstag 14:00 - 17:00 Uhr
Sonntag 11:00 - 17:00 Uhr
An Feiertagen ist das Dreiländermuseum zu den regulären Öffnungszeiten geöffnet (Sonderregelung siehe Link zum Dreiländermuseum unten).

Gruppen bei Voranmeldung täglich 8:00 – 22:00 Uhr


Eintrittspreise

Erwachsene 2 €uro, ermässigt 1 €uro
Kinder unter 6 Jahren Eintritt frei
Kinder ab 6 Jahren 1 €uro
Familienkarte 4 €uro
Schülergruppen Eintritt frei
Jeden 1. Sonntag im Monat Eintritt frei
Museumspass Eintritt frei


Öffentliche Führung
(Gebühr zuzüglich Eintrittspreis)
Erwachsene 1 €uro
Kinder 1 €uro
Keine Ermäßigung auf Führungsgebühren!


Barrierefreiheit
Das Museum ist außer dem Dachspitz komplett kinderwagen- und rollstuhlgängig.

Letzte Führungen vor Ausstellungsende

• Samstag, 12. Oktober 2013, 15 Uhr:

Öffentliche Führung durch die Sonderausstellung «Lörrach im Nationalsozialismus» mit Hansjörg Noe.

• Sonntag, 13. Oktober 2013, 15 Uhr
Aufgrund der grossen Nachfrage der Sonderausstellung gibt es an Stelle der geplanten Führung durch die Dreiländerausstellung eine letzte Führung durch die Sonderausstellung mit Hansjörg Noe.




Blick in die Ausstellung «Lörrach im Nationalsozialismus». Beide Fotos: zVg Dreiländermuseum © 2013

Von Redaktion

Für weitere Informationen klicken Sie hier:

• Link zur Sammlungsdatenbank des Dreiländermuseums

• Homepage Dreiländermuseum Lörrach


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