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Artikel vom 06.09.2007

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Anders gelesen

183‘501 Versuchtstiere geopfert

Beschönigendes Communiqué des Basler Gesundheitsdepartementes spricht von «Abnahme» der Tierversuche im 2006 - die schweren, bewilligungspflichtigen nahmen jedoch zu…

Von Jürg-Peter Lienhard



Stressforschung: Tausendfach erzeugte Todesangst bei «Labornagern»


Maus oder Ratte - selbst als Schädlinge sind es gleichwohl «Wesen» und als solche beseelt und vor allem schmerzempfindlich. Das ist dem Menschen wurscht, und vor allem der pharmazeutischen Industrie Basels: 183‘501 Tiere wurden 2006 in Basel für die Forschung geopfert - darunter Kaninchen, Affen und Hunde. Das seien 12‘224 Tiere «weniger», als im Vorjahr, schreibt das Gesundheitsdepartement Basel-Stadt in seinem Communiqué vom Donnerstag, 6. September 2007. Doch für die Grundlagenforschung wurden 2'094 Tiere mehr als im Vorjahr «verbraucht», und 337 mehr für die schweren, bewilligungspflichtigen Versuche…

Ich habe die Verlautbarung mal ganz anders gelesen, mal unter einem ganz anderen Gesichtspunkt - nämlich von der Tierseite. Urteilen Sie selbst anhand des am Schluss angefügten Original-Dokumentes, ob auch Sie lesen und das Gelesene verstehen können oder so verstehen, wie ich es lese…

«Immerhin» sind 183‘501 Tiere von 183‘501 Tieren zu viel, die der Kosmetik oder der Phantasie der Chemiker und Pharmazeuten geopfert werden. Auch wenn «mit einem Anteil von 99 Prozent die Gruppe der „Labornagetiere“ (Mäuse, Ratten, Gerbils, Hamster und Meerschweinchen) am stärksten» den Anteil der Tieropfer ausmachen. Zumal davon 9‘036 Tiere die qualvollsten Versuche erleiden mussten - in Amtsdeutsch einer «schweren Belastung ausgesetzt» waren. «Immerhin» bewilligungspflichtig.

Eine «mittlere Belastung», also eine mittlere Qual, wurde noch 57'909 Tieren angetan. Während 116'556 Lebewesen «wenig oder gar nicht belastet» wurden.

Und, wozu dienten denn diese Tier-Opfer? Das Communiqué gibt auch darüber nur verschlüsselt Aufschluss: «178'751 Tiere wurden im Rahmen von Projekten der Forschung eingesetzt: 154'827 Tiere in der angewandten Forschung (Entdeckung und Entwicklung von Medikamenten) und 23'924 Tiere in der Grundlagenforschung». Zur «Entdeckung von Medikamenten», wissenschaftlich «Grundlagenforschung» geheissen, wurden im Berichtsjahr 2‘094 Tiere MEHR als im Vorjahr «verbraucht» - das ist eine Zunahme um ganze 13 Prozent mehr!

Weitere «Verbrauchskategorien» veteilen sich mit 3'823 Tieren auf die «Produktesicherheit» - was immer man sich daunter vorstellen mag - sowie die «restlichen» auf 927 Tiere für die Bereiche Diagnostik und Lehre.

Deutlich zugenommen haben insbesondere die meldepflichtigen Versuche, die 34‘009 Tiere im Jahr 2006 «erforderten», während sie im Vorjahr schon rund 33‘672 Tiere betrafen.

Die absolute Zahl der Tierversuche nahm zwar laut Communiqué ab, doch die schweren und meldepflichtigen nahmen zu: Sie betrafen insgesamt 34‘009 Tiere - mehr als die Einwohner von Basels Landgemeinden Riehen und Bettingen zusammen!

Das Communiqué verschweigt zudem das Leiden der Labortiere, wenn sie nicht zu Versuchen herangezogen werden, sondern in ihren Käfigen darauf warten müssen: Ich war mit meinem Katzenbusi «Zippie» für die alljährliche Impfung bei meiner Tierärztin, der «Vehdokteri» Claudine Erbland-Schneider in Häsingen, wo im Wartezimmer eine Dame mit ihrem Beagle-Hündchen ebenfalls auf die Konsultation wartete. Der sichtlich scheue Beagle hatte sie vom Novartis-Versuchslabor freigekauft, und sie brauchte sehr lange und viel Geduld, bis sie dem Hund die panische Angst vor dem Rasen ums Haus nehmen konnte - er war bei Novartis in einem Betonbunker ohne Tageslicht geboren und gehalten worden…

Hier also das Original-Communiqué mit dem originalen Titel und den originalen Zahlenangaben:

Gesundheitsdepartement, Gesundheitsschutz/Veterinäramt
Medienmitteilung vom 6. September 2007

Tierversuche In Basel-Stadt 2006: Erneute Abnahme der Anzahl Versuchstiere

Die Anzahl der im Kanton Basel-Stadt eingesetzten Versuchstiere verringerte sich im Jahr 2006 um 12'224 Tiere: Insgesamt wurden 183'501 Tiere eingesetzt.

Im Kanton Basel Stadt wurden im vergangenen Jahr 183'501 Tiere in bewilligungspflichtigen Tierversuchen eingesetzt; das sind 5,6 Prozent oder 12'224 Tiere weniger als im Vorjahr. Mit einem Anteil von 99 Prozent war die Gruppe der Labornagetiere (Mäuse, Ratten, Gerbils, Hamster und Meerschweinchen) am stärksten vertreten. In abnehmender Reihenfolge wurden ferner Kaninchen, Hunde, Fische, Primaten, Amphibien sowie Vögel eingesetzt. Die Zahl der eingesetzten Primaten (- 15, Total 245) nahm erneut ab.

Versuche für Forschung, Produktesicherheit, Diagnostik und Lehre

Die bewilligungspflichtigen Tierversuche werden in die Kategorien Forschung, Produktesicherheit, Diagnostik und Lehre eingeteilt:

• 97,4 Prozent der Tiere (178'751) wurden im Rahmen von Projekten der Forschung eingesetzt: 154'827 Tiere in der angewandten Forschung (Entdeckung und Entwicklung von Medikamenten) und 23'924 Tiere in der Grundlagenforschung. In der Grundlagenforschung resultierte eine Zunahme vom 13 Prozent (+ 2'094), dagegen wurden in der angewandten Forschung 7,6 Prozent weniger Tiere eingesetzt als im Vorjahr (- 12'773).

• In der Produktesicherheit wurden im vergangenen Jahr 2,1 Prozent der Tiere (3'823) eingesetzt (- 1'399 Tiere).

• Die restlichen 927 Tiere verteilen sich auf die Bereiche Diagnostik und Lehre.

Belastung der Tiere

Bei der Durchführung der bewilligungspflichtigen Tierversuche waren 9'036 Tiere (4,9 Prozent) einer schweren Belastung ausgesetzt. Dies bedeutet gegenüber dem Vorjahr eine Abnahme um 2'328 Tiere. Die Anzahl der Tiere mit einer mittleren Belastung verringerte sich um 4'340 Tiere (57'909 Tiere oder 31,6 Prozent der insgesamt eingesetzten Tiere). Die restlichen 116'556 Tiere wurden wenig oder gar nicht belastet.

In meldepflichtigen Versuchen wurden 34'009 Tiere benötigt; 1 Prozent mehr als im Jahr 2005. Diese Versuche umfassen grösstenteils das Töten von Tieren zur Organ- und Gewebeentnahme.

Revidierte Tierschutzgesetzgebung ab 2008
Es ist davon auszugehen, dass die revidierte Tierschutzgesetzgebung nächstes Jahr in Kraft treten wird. Ab diesem Zeitpunkt wird die Unterscheidung zwischen melde- und bewilligungspflichtigen Versuchen wegfallen. Werden diese zwei Rubriken zusammen gezählt, so ergibt sich ein Total von 217'510 Tieren für das Jahr 2006; 11'893 Tiere weniger als im Vorjahr.

Dr. med.vet. Walter Zeller, Stellvertretender Kantonstierarzt Basel-Stadt

Von Jürg-Peter Lienhard

Für weitere Informationen klicken Sie hier:

• Herzlich Willkommen beim Veterinäramt und beim Schlachthof des Kantons Basel-Stadt


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