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Artikel vom 05.12.2003

Zolli

Asiatische Biotop-Anlage geplant

Ein Panda für Basel?

Die charismatische Tierart Grosser Panda im Dienste der Arterhaltung und des Naturschutzes - Umgestaltung des Sautergartens

Von Jürg-Peter Lienhard



BASEL. zolli/jpl.- Der Basler Zolli denkt an seine Zukunft: «In seiner weitergehenden strategischen Planung hat der Zolli beschlossen, den sogenannten Sautergarten als asiatische Biotop-Grossanlage zu konzipieren», damit dort der «Ailuropoda melanoleuca» heimisch wird, wie die Zolli-Direktion in ihrer Pressemitteilung vom 5. Dezember 2003 mitteilt.

Wer ist der «Ailuropoda melanoleuca»? Er ist wohl das berühmteste Tier der Welt, eine charismatische Tierart gar, die auch das Markenzeichen der weltgrössten Naturschutz-Organisation WWF ist: Der Grosse Panda. Sein weiss-schwarz geflecktes Fell und die schwarzen Augenringe, womit der Panda wie ein ungeschickter Boxer aussieht, ist ein ästhetischer Höhepunkt der Schöpfung.



Klar, dass der Grosse Panda deswegen Emotionen weckt, und wo immer er in Zoos gehalten wird, ein absoluter Publikumsrenner ist. Er ist daher ein idealer Sympathieträger für die weltweiten Bemühungen um Naturschutz und Arterhaltung. Das sind wohl die Überlegungen, die der Zolli zu seinen Plänen für seine asiatische Biotopanlage zugrundelegte:

Ideale Topographie im Sautergarten

«Die räumliche Abgeschlossenheit des Sautergartens und seine markante Topographie mit Betonung der Vertikalen bieten dabei ideale gestalterische Rahmenbdingungen zur Umsetzung der evaluierten Thematik “der Grosse Panda im nebligen Gebirgswald der chinesischen Provinz Sichuan“», heisst es etwas gestelzt im Zolli-Communiqué.



Vorbild für die Neugestaltung des Sautergartens ist das «verborgene und selbst für Menschen nur schwer zugängliche Land, das mit seinen grossen biogeographischen Gegensätzen zum grossräumigen Rückzugsgebiet zahlreicher ursprünglicher Tier- und Pflanzenarten Asiens» geworden ist. Denn seit Millionen von Jahren konnten sich in der Provinz Sichuan die Umwelt- und Lebensbedingungen annähernd in unveränderter Form halten.

Selbstversorgung mit Bambus angestrebt

Die geplante Biotop-Grossanlage soll denn diesen prägnanten Lebensraum im kühl-feuchten Klima nachempfinden, soll mit der Einheit von spezifischen Pflanzen- und Tierarten den Besucher emotional begeistern und mit zahlreichen natürlichen Gemeinschaftshaltungen die tiergartenbiologische Qualität unterstreichen, gehts im gestelzten Stil des Communiqués weiter. Das kühl-feuchte Klima der Provinz Sichuan entspricht offenbar dem Klima Basels, das zurzeit genau dieser Aussage entspricht...



Indessen wissen die Zolli-Verantwortlichen gut, dass grosse Probleme mit ihrem Projekt auf sie zukommen werden: Weil der Grosse Panda sich als einzige grosse Bärenart beinahe ausnahmslos vegetarisch, nämlich vom Riesengras Bambus ernährt - das eben hier nicht an jedem Bahndamm wächst -, muss eine eigene Bambuspflanzung aufgebaut werden. Dadurch kann die Selbstversorgung des Panda-Futters sichergestellt werden, was aber auch viel Geld kosten wird. Die Frage ist jedoch, woher der Zolli die Pandas nehmen will - ein Einzeltier entspricht sowieso nicht der Zolli-Philosophie der artgerechten Haltung. Vielleicht steht ein Geschenk an? Darüber schweigt sich jedenfalls das Communiqué aus. Dass es aber von Panda-Plänen derart detailliert spricht, lässt vermuten, dass da was im Tun ist. Lassen wir uns überraschen!

Gegen Dummheit ist kein Kraut gewachsen

Der Zolli wird sich wohl auch mit Vorhaltungen von echten oder proselytischen Tierschützern herumschlagen müssen. Dabei ist zu bedenken, dass der Zolli eine Botschafterfunktion für die komplexen Zusammenhänge der Arterhaltung und des Naturschutzes in Asien einnehmen will. Gut deutsch gesagt heisst dies: dass die Institution Zolli eben Motivation zum Erleben und Erfahren der Tierwelt und der Natur gibt. Dummheit kann auch der Zolli nicht überzeugen, wiewohl dagegen nicht mal der Schöpfer ein Mittel geschaffen hat...

Von Jürg-Peter Lienhard



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