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Artikel vom 28.09.2007

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Basel - Allgemeines

AKTUALISIERT: Heute auch in «Schweiz aktuell» am Fernsehen!

Pilze, eine «unheilbare» Leidenschaft

Die Aktion «Gsünder Basel» veranstaltet Exkursionen mit dem Pilzkontrolleur Peter Kaupp - mit Fotostrecke und TV-Hinweis am Schluss

Von Jürg-Peter Lienhard



Stille Schönheit auf dem Waldboden (nicht essbar…): Ohne Wald keine Pilze - ohne Pilze kein Wald. Alle Fotos: J.-P. Lienhard, Basel © 2007


Dass Pilze sammeln eine Leidenschaft ist, ist bekannt. Dass aber eine Exkursion mit dem Basler Pilzkontrolleur Peter Kaupp das Schweizer Fernsehen, die grösste aller Basler Zeitungen sowie das webjournal.ch an diesem kalten, total verregneten Donnerstagmorgen, 27. September 2007, in den Chrischona-Wald zu locken vermochte, zeigt erst recht, dass die Pilzsammel-Leidenschaft und die Beliebtheit der Pilzgerichte breite Schichten der Bevölkerung anspricht. Aber es ist bei den einen auch der «Kick» des «Heimtückischen» und bei den anderen der Aufenthalt in der Natur, im Wald.



Begrüssung der Teilnehmer vor der Exkursion im Chrischonawald durch den Pilzfachmann Peter Kaupp im Schermen der Bushaltestelle.


Wissen Sie, ob der Gefleckte Rübling, der Habichtpilz, der Gallenröhrling, die Fencheltramete, die Leistlinge, die Scheibenpilze, der Perlstäubling, die Bauchpilze, die Keulenpilze, der Graue Ziegenbart oder Korallenpilze essbar sind? Nein? Und erstaunt es Sie nicht sehr, dass die Blätterpilze eine Riesengruppe bilden, zu der alle tödlich giftigen Arten, aber auch beste Speisepilze gehören. Heimtückisch nichtwahr?

Von «heimtückisch» will der Pilzkontrolleur Peter Kaupp vom Basler Lebensmittel-Inspektorat allerdings gar nichts wissen, obwohl er gerade die tödlichsten Giftpilze besonders gut kennt. Denn das ist das A und das O eines Pilzkontrolleurs, dass er nicht alle 200‘000 bekannten Arten Pilze zu kennen braucht - das ist auch für den gelehrtesten Pilzler ein Ding der Unmöglichkeit -, sondern vor allem die giftigen oder krankmachenden. Sucht sich auch der Pilz-Amateur so zu bilden, ist er bereits auf der sicheren Seite.

Dann aber fängt die ganze Leidenschaft erst an: Jeder Pilz hat in der Pfanne ganz andere Geschmackseigenschaften - manche sind eher Gaumen-Langweiler, andere wiederum erregen höchstes Entzücken. Und wieder andere sind zwar schmackhaft, dürfen aber unter keinen Umständen zusammen mit Alkohol genossen werden, und zwar mit einem «Sicherheitsabstand» von vor und nach (!) dem Pilzgenuss von zwei Tagen…

Der Pilzfachmann Peter Kaupp sagte gleich zu Beginn, dass diejenigen, die keinen Blassen von der Pilzkunde haben, dass die nach der vierstündigen Exkursion meist bereits «den aufgehenden Keim zum Pilzkundigen» mit nach Hause nehmen. Immerhin verblieb ein grosser Teil der rund fünfzehnköpfigen Schar der Exkursions-Teilnehmer am Schluss noch eine ganze Weile beisammen und strengten bereits erste Fachsimpeleien an.

Bereits bei der Begrüssung durch Kaupp wurde auch klar, dass die von der Aktion «Gsünder Basel» initiierten Kurse ein Minimum an Naturverständnis und bewusstem Verhaltenskodex vemitteln wollen. So duzen sich die Pilzler im Wald, was zeigt, dass sie sich im Gemeinsinn verstehen, den Wald nicht egoistisch «abrasieren», sondern Erfahrungen und Geheimplätze miteinander austauschten. Denn der Pilz ist «ein eigensinniger Geselle», der komplett «unberechenbar» ist: Die ergiebige Fundstelle vom letzten Jahr kann dieses Jahr völlig öd sein. Ist das Wetter «so», spriessen sie munter drauflos; ist es «anders», gibts keine Ernte. Und genau dieses Unberechenbare ist bereits der halbe Spass.

Zwei Sachen sind ganz erheblich zu wissen: Erstens finden sich Pilze im Wald, und Kaupp formulierte es so: «Kein Pilz ohne Wald - kein Wald ohne Pilz!» Zweitens: Die Pilze gehen mit ihrer Umwelt eine Symbiose ein - sie nehmen, aber geben auch. Ausnahme sind die parasitären Pilze, denn das gibts eben auch unter den Pilzen…

Der Boden ist wichtig für die Pilze: Auf Kalkböden wachsen andere Pilze, als auf saurem Boden. So finden sich im Jura eher Morcheln und Steinpilze, im Schwarzwald dafür Eierschwämme.

Hat man sich über die Giftpilze kundig gemacht, baut man Schritt um Schritt seinen Wissensstand aus und lernt dabei die schmackhaften von den wenig bis ungeniesbaren Pilzen zu unterscheiden. Das kann man sich verinnerlichen, wenn man die Lernziele in kleine Kapitel unterteilt und sich ein Bild über die Hauptgruppen und -Familien macht.

Das Wichtigste ist, dass man den Pilz zum Beurteilen umkehrt und von unten auf die Merkmale wie Lamellen oder Röhren, Kragen und so weiter achtet. Der nächste «Schritt» ist der mit der Nase: Einige Pilze riechen nach Knoblauch, andere nach Aenis und so weiter. Dann wird auch mal ein Stück weggebrochen oder daran gedrückt, um zu sehen, ob die Pilze milchigen Saft abgeben. Dann heissts: weg damit!

Auf jeden Fall ist es allemal höchst ratsam, selbst für bestandene Pilzler, das Sammelgut dem Pilzkontrolleur zu zeigen. Er ist morgens und am späten Nachmittag «offiziell» für Pilzsammler da, aber wenns nicht anders geht, dann auch während den weiteren Brüozeiten: am Burgfelderplatz in Basel, im Gebäude des ehemaligen Kannenfeld-Polizeiposten, Eingang Sankt-Johanns-Ring (mehr Infos siehe unten).

Die Begutachtung kostet einen Franken, ein Pappenstiel, wenn man sich das Risiko eines tödlichen Irrtums vor Augen hält… Allerdings kann der Kontrolleur die Beute eines Pilzlers in hohem Bogen in den Mistkübel befördern. Zum Beispiel dann, wenn die Pilze in einem Plastikbeutel gesammelt worden sind oder wenn der Korb zu schwer gefüllt ist: Im Plastiksack «schwitzen» die Pilze, sie gären, und das kann umgehend zu einer Lebensmittelvergiftung führen. Dasselbe geschieht, wenn zu viele Pilze in einem Korb gelagert werden - das Gewicht drückt sie zusammen und führt ebenfalls zur Gärung.

Überhaupt sollte man Pilzsorten möglichst nicht miteinander mischen, sondern sie in separate Körbchen oder Körbe mit Fächern getrennt sammeln. Ist allerdings nur ein einziger giftiger oder nur Teile eines giftigen Pilzes unbeachsichtigt mit ins Körbchen geraten, ist die ganze Sammelbeute futsch!

Interessant auch, was der Lebensmittelinspektor und Pilzkontrolleur Peter Kaupp zu Pilzvergiftungen zu schildern wusste: Die tödlichen Giftpilze wie der grüne Knollenblätterpilz haben eine Latenzzeit von über einer Woche, weshalb man nach dieser Zeit nicht mehr selbst an eine Pilzvergiftung denkt (Latenzzeit nennt man die Zeitdauer von der Ansteckung einer Krankheit bis zu deren Ausbruch). Dann kommen erste heftige Symptome wie Brechdurchfall, der nach wenigen Tagen wieder abflaut, so dass der Vergiftete meint, er habe nur eine Grippe gehabt. Dann aber folgt ein zweiter Schub, der selbst bei ärztlicher Hilfe tödlich ist, weil er die Leber zerstört. Nur wenn man bei den ersten Symptomen sofort ärztliche Hilfe in Anspruch nimmt, ist noch etwas zu machen - ein Leberschaden gibts alleweil.

Hingegen Pilzvergiftungen, die sich gleich unmittelbar nach dem Genuss, so nach einer halben bis zwei Stunden bemerkbar machen, sind zwar meist unangenehm aber nicht letal, also verlaufen nicht tödlich oder hinterlassen Organschäden.

Wie Kaupp erzählte, ist belegt, dass es Leute gibt, die derart hysterische Angst vor Pilzvergiftungen haben und beim Genuss völlig einwandfreier Pilzgerichte Vergiftungssymptome zeigen, als haben sie tatsächlich einen Giftpilz verschluckt. Solche eingebildete Symptome zeigen auch Leute, die ebenfalls hysterische Angst vor Handy-Antennen haben und schon über Schlafstörungen und Kopfschmerzen klagen, obwohl die Antenne im Quartier noch gar nicht in Betrieb ist…

Darum sei hier erneut erwähnt: Zeigen Sie Ihre Pilzbeute stets dem Pilzkontrolleur, auch wenn Sie sich für einen Pilzkenner halten - Sie geniessen dann Ihr eh wegen der grossen leidenschaftlichen Investition zum Luxusschmaus gewordenes Pilzgericht ums Doppelte!

Apropos Luxusschmaus: Guckt man sich Pilze mal unter dem lebensmittelchemischen Aspekt an, ist nicht viel dran: Pilze bestehen hauptsächlich aus Wasser, in verschwindenden Mengen aus Kohlehydraten, darunter etwas Zucker, aber zur Hauptsache - für Laien sehr erstaunlich - aus Chitin, dem Stoff, aus dem die Panzer der Käfer gemacht sind…

Es gäbe noch viel zu erzählen über diese spannende Exkursion, die eine anhaltend eindrückliche Begegnung mit dem Pilzkontrolleur Kaupp als interessanten und humorvollen, erschlagend kenntnisreichen Fachmann erlaubte. Und er hatte am Ende recht behalten mit der Voraussage, dass die Leidenschaft des «Pilzelns» aus dem Erlebnis der Natur, dem Entdecken der stillen Schönheit und durch die Anregung der Sinne von Aug und Geschmack entsteht. Es war trotz Hudelwetter wunderbar und interessant zugleich!




Keine grosse Ausbeute an diesem ersten kalten, regnerischen Septembertag - doch gleichwohl fanden sich interessante Arten.




Peter Kaupp («P.K.» = Pilzkontrolleur…) empfiehlt das Standardwerk für Pilzkunde: «Pareys Buch der Pilze» mit vielen Abbildungen und Register.




Immer auch riechen an den gefundenen Pilzen: Das ist ein Bestimmungsfaktor und auch eine Qualitätskontrolle.




Ein Kursteilenehmer mit anderen Interessen, als der Wissensbildung, transportiert seine «Erkenntnisse» in zumindest originellem «Behältnis» ab…




Diese vorwitzige deutsche Dame wusste schon alles über Pilze und brachte auch gleich einen Korb mit - gewisse Leiden sind eben unheilbar…



Nächste Pilz Exkursion in Zusammenarbeit
mit dem Kantonalen Labor Basel-Stadt:


Samstag, 29. September 2007, 9.30 bis 13.30 Uhr

Besammlung: Chrischona Parkplatz, unterhalb des Restaurants Waldrain, Bettingen/Basel
Leitung: Peter Kaupp, diplomierter Pilzkontrolleur Basel-Stadt
Kosten: 90 Franken (inkl. Kursunterlagen)


Nützliche Informationen zur Pilzkontrolle


Neue Öffnungszeiten für die Pilzkontrolle am Kantonalen Laboratorium Basel-Stadt

Mit Beginn der Pilzhauptsaison hat auch die Pilzkontrolle im Kantonalen Labor Basel-Stadt wieder fixe Öffnungszeiten für die Pilzsammler und -sammlerinnen der Region.


* Montag bis Freitag: 8.30 Uhr bis 9.00 Uhr und
16.30 Uhr bis 17.30 Uhr

* Samstag: 16.30 Uhr bis 17.30 Uhr


Adresse: Kannenfeldstrasse 2, 4012 Basel

In Ausnahme- bzw. Notfällen kann die Pilzkontrolle auch unter der Hauptnummer 061 385 25 00 kontaktiert werden.

Weitere Auskünfte:

Peter Kaupp, Lebensmittel- und Pilzkontrolleur; Telefon 061 385 25 52
Ursula Gass, Lebensmittel- und Pilzkontrolleurin; Telefon 061 385 25 56
Peter Haas, Lebensmittelinspektor/Pilzkontrolleur; Telefon 061 385 25 53


Bei Pilzvergiftungen wählen Sie die Polizei-Notrufnommer 117


Pilz-Exkursion mit Peter Kaupp auf dem Schweizer Fernsehen

Der Basler Journalist und Redaktor beim Schweizer Fernsehen, Georg Halter, hat die Pilz-Exkursion von «Gsünder Basel» mit dem Basler Pilz-Kontrolleur Peter Kaupp vom Donnerstag, 27. September 2007, für das Schweizer Fernsehen, Sendung «Schweiz aktuell», aufgenommen.

Diese Reportage wird am Freitag, 28. September 2007, um 19 Uhr auf SF 1 ausgestrahlt und ab zirka 20 Uhr via Internet abrufbar sein (Link hier unten).

Wiederholungen auf dem Kanal SF-info um 19.30 sowie 20.30 Uhr


Zur Aufzeichnung der Sendung «Schweiz aktuell» auf Internet gelangt man via des unten angeführten Direkt-Links.



Von Jürg-Peter Lienhard

Für weitere Informationen klicken Sie hier:

• Direktlink zur Aufzeichnung «Schweiz aktuell» auf SF 1


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