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Artikel vom 11.05.2008

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Elsass - Kultur

Aktualisiert mit Link zur Abdankungsfeier

Paul Haeberlin gestorben!

Einer der berühmtesten und besten Köche Frankreichs, der Senior-Patron der «Auberge de l‘Ill» in Illhäusern (Oberelsass, 3 Michelin-Sterne seit 40 Jahren!), starb am Samstag, 10. April 2008, im Alter von 84 Jahren

Von Jürg-Peter Lienhard



Porträt von Paul Haeberlin, fotografiert im Januar 1987 von Jürg-Peter Lienhard, aus Anlass der Verleihung des «Ordre du Mérite» durch den französischen Staatspräsidenten Valéry Giscard-d'Estaing in Illhäusern (Oberelsass). Alle Fotos: Archiv J.-P. Lienhard, Basel © 2011


O nein, «Monument der Küche Frankreichs», wie die elsässische Zeitung «L‘Alsace» zum Tod des weltberühmten Illhäusers in der Sonntags-Ausgabe vom 11. Mai 2008, titelte, das ist grundfalsch: Paul Haeberlin ist ein Elsässer, der die elsässische Küche in Frankreich berühmt gemacht und das Renommée der elsässischen Gastronomie über die Grenzen Frankreichs in die ganze Welt hinausgetragen hat! Haeberlin hat Zeit seines Lebens die regionale Küche, die regionale elsässische Küche gepflegt und seine einheimischen Lieferanten zu Höchstleistungen angespornt! Und deshalb führte er zusammen mit Paul Bocuse und Michel Troigros das Trio der allerbesten französischen Köche an, die Michelin seit Jahrzehnten am Firmament seines Sternenhimmels der Haute-Cuisine festgeschrieben hat.



Zuerst der Orden, dann das Küsschen: Staatspräsident Giscard d'Estaing bei der Ordensverleihung an Paul Haeberlin. Foto J.-P. Lienhard, Basel © 2011

Schon seit über 40 Jahren, genauer: seit 1967 leuchtet der dritte Stern über der «Auberge de l‘Ill»: Der zuverlässigste französische Reiseführer Michelin erhob damit schon vor 40 Jahren Paul Haeberlin in den gastronomischen «Ritterstand». Aber eigentlich muss man den Bruder Pierre und deren Tante Henriette dazuzählen: Die Elsässerin verstand es auf geniale Weise, ihrem Neffen Paul das gewisse «Etwas», das «Musikgehör» für Kunst und Können beizubringen. Wann immer eine grosse Auszeichnung für Paul anstand, er liess es sich nicht nehmen, sie in Gesellschaft mit seiner Tante und seinem Bruder - beide schon länger verstorben - entgegenzunehmen.

Paul und sein Bruder Pierre bildeten das Duo, das aus der Herberge an der Ill bei Illhäusern in der Nähe von Colmar ein einziges Kunstwerk machte: Pauls Kunst in der Küche, und Bruder Pierres künstlerische Hand bei der Gestaltung von Haus, Garten und Umgebung!

Ein Verdienst von Paul Haeberlin ist ihm nicht hoch genug anzurechnen: Seine regionale Verbundenheit ermöglichte es ihm, bei seinen Lieferanten ein derartiges freundschaftliches Verhältnis aufzubauen, dass sie genau nach seinen Anweisungen produzierten und keinen «ertragsteigernden Unsinn» anrichteten.

Auch Paul Haeberlin blieb resistent gegen unsinnigen Modernismus in der Küche, blieb seinen Wurzeln treu, ganz im Sinne seiner Tante Henriette, und war gleichwohl Schöpfer von Neuem, aber aus «eigenem Boden». Mitnichten ein Show-Man wie sein stets für Publicity sorgender Homonyme und Kollege Bocuse.

Denn das war eine Eigenheit von Paul Haeberlin: Seine Noblesse und gleichzeitig seine Herzlichkeit, sein Stil, der im Selbstbewusstsein des Künstlers wurzelte, aber in seiner sprichwörtlichen Bescheidenheit gipfelte. Alles Eigenschaften, die nur noch bei Elsässern seiner Generation so ausgeprägt anzutreffen sind - oder eben waren…

Immerhin garantiert Paul Haeberlins Sohn Marc, der schon seit Jahrzehnten operationell den Kochlöffel in der Küche schwingt, dass die «Auberge de l‘Ill» den Ruf behält, den seine Familie mit dem verstorbenen Paul an der Spitze zu Weltruhm verholfen hat.

Paul Haeberlin starb nach einer Krankheit am Samstag, 10. Mai 2008. Die Abdankung soll am Donnerstag, 15. Mai 2008, in COLMAR stattfinden.


Alle Fotos: J.-P. Lienhard, Basel © 2008
(Aufgenommen im Januar 1987 in der «Auberge de l'Ill)




Der strahlende Paul Haeberlin mit seinem Orden: Beim grossen elsässischen Kochkünstler waren Könige wie Präsidenten und arme Journalisten gleichermassen gerne zu Gast, weil sie seine Bescheidenheit und seinen herzlichen Stil schätzten. Foto J.-P. Lienhard, Basel © 2011




Paul Haeberlin mit Frau Marie und Bruder Pierre sowie Tochter Danielle. Foto J.-P. Lienhard, Basel © 2011




Der grosse Künstler Paul gibt dem Show-Man Paul Bocuse die jüngste Création des Hauses Haeberlin zum Kosten: Mini-Flammeküechà - eine Abwandlung der urelsässischen Armeleute-Speise! Foto J.-P. Lienhard, Basel © 2011




Eine Aufnahme von historischem Wert (von rechts nach links): Pierre Haeberlin †, Hans Stucki † (2 Michelin-Sterne, ex Restaurant «Bruderholz chez Stucki», Basel), Paul Haeberlin † und Paul Bocuse †. Foto J.-P. Lienhard, Basel © 2011




(Von rechts nach links): Marc Haeberlin, der Sohn von Paul, Pierre Romeyer (Président-fondateur de la Communauté Européenne des Cuisiniers, Bruxelles) †, Paul Haeberlin † und Paul Bocuse †. Foto J.-P. Lienhard, Basel © 2011




(Von rechts): Tochter Danielle, Claude Guizard (Préfet du Haut-Rhin), Mutter Haeberlin, Pierre Haeberlin, Giscard d'Estaing, Paul Haeberlin, Paul Bocuse, Mme. Marie Haeberlin, Tourismus-Minister Descamps. Foto J.-P. Lienhard, Basel © 2011




Paul Haeberlin hier im Gespräch mit dem «Vehdoktor», wie im Elsass die Veterinär-Mediziner völlig ehrenhaft geheissen werden: Dem damaligen Senator und Generalrats-Präsidenten Henri Goetschy (links). Foto J.-P. Lienhard, Basel © 2011




Goetschys Reden (links) waren im Senat ebenso berühmt wie berüchtigt: Er flocht gerne elsässische Sprüche ein, wie hier bei seinem Toast an der Ehrentafel mit Giscard (rechts) und Haeberlin (gegenüber). Foto J.-P. Lienhard, Basel © 2011




Die Replik Giscards war offenbar nicht minder erheiternd und unterhielt auch das gesamte Küchenpersonal, das den Dank des Staatspräsidenten nach dem Essen entgegennehmen durfte (Giscard stehend links am Microphon, Haeberlin am Bildrand unten rechts). Foto J.-P. Lienhard, Basel © 2011




Das Akkordeon war in der damaligen Zeit quasi das elsässische «National-Instrument». Also durfte für diesen hohen Gast und Begleitung eine Akkordeon-Einlage nicht fehlen - es spielte die Freundin der Familie, Danielle Pauly. Foto J.-P. Lienhard, Basel © 2011




Zu guter Letzt war es auch am Geehrten, ein Wort des Dankes und des Willkomms an die vielen Gäste zu richten: Paul Haeberlin tat dies wie immer bei solchen Anlässen voller Charme und reinen Herzens. Foto J.-P. Lienhard, Basel © 2011


Die obigen Fotos sind eine Auswahl einer Serie, die ich als Präsident des von mir gegründeten Vereins «Elsass-Freunde Basel» Paul Haeberlin in einem von Giscard d'Estaing handschriftlich gewidmeten Fotoalbum und als Revanche für die einmalige Einladung schenkte. Fotos J.-P. Lienhard, Basel © 2011



Rufen Sie den Bericht von der Abdankungs-Feier vom 15. Mai 2008, 14.30 Uhr, in der Kirche St-Matthieu in Colmar, aus der Zeitung «L'Alsace» vom 16. Mai 2008 im Format PDF via untenstehendem Link auf (in französischer Sprache). Der Bericht ist öffentlich zugänglich via Homepage der Zeitung. Weiter kann ein kurzer TV-Film abgerufen werden - Link ebenfalls unten.

Von Jürg-Peter Lienhard

Für weitere Informationen klicken Sie hier:

• Homepage de l'Auberge de l'Ill (F/E/D)

• Persönliches von J.-P. Lienhard zum Tod von Paul Haeberlin

• Abdankungsbericht und PDF der Zeitung «L'Alsace»

• Video von der Abdankungs-Feier


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