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Artikel vom 26.02.2008

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Ottokars Cinétips

Flucht in die Erinnerung

Es hätte mit dem Teufel zugehen müssen, wenn sie nicht den einen oder anderen Oscar bekommen hätten. Nun haben die Coen-Brüder gleich deren vier abgeholt

Von Ottokar Schnepf



Llewelyn Moss: Gesucht von der Polizei und gejagt von einem Killer.


Die beiden Coens haben sich mit ihrem Wüstenkrimi selbst übertroffen und so ganz nebenbei einen psychopathischen Killer erfunden, der in die Kinogeschichte eingehen wird.

Um Cormac McCarthys (der Autor ist eine moderne Autoren-Legende Amerikas) Roman «No Country for Old Men» auf die Leinwand zu bringen, gibt es wohl kaum jemanden, der besser geeignet wäre als die Brüder Joel und Ethan Coen.

Schon 1984 etablierten sie sich mit dem Neo-Noir-Klassiker «Blood Simple» auf einen Schlag in der US-Filmszene und haben seither einige der innovativsten Filme unserer Zeit geschaffen wie «Miller's Crossing», «Barton Fink», «Fargo», «The Man Who Wasn't There».

Im Mittelpunkt des kraftvoll spannenden und mit einer Prise Humor gespickten Western-Thrillers «No Country for Old Men» stehen drei Männer: Sheriff Bell, Psychopat Chigurh, Hobby-Jäger Moss. Letzterer entdeckt an der texanischen Grenze zufällig mehrere Autos mit deren erschossenen Lenkern, einen Sack Heroin und einen mit Dollarnoten gefüllten Koffer.

Sofort wird ihm klar, dass hier ein Drogendeal aus dem Ruder gelaufen ist. Llewelyn Moss nimmt die zwei Millionen schwere Beute mit nach Hause und schickt seine Frau zu ihrer Mutter in die Ferien. Denn jetzt hat er den Sheriff Ed Tom Bell im Nacken - und obendrein einen sehr psychopathischen Auftragskiller, der vor keinem Mord zurückschreckt und eine blutige Spur durch den amerikanischen Westen zieht.

Einen Westen notabene, der zu einem weitaus gewalttätigeren und gesetzloseren Ort geworden ist, als es der mythische, ehemalige Wilde Westen jemals war. Am ehesten vergleichbar mit jenem, den einst die Italo-Western zeichneten. Kein Fall mehr jedenfalls für Tommy Lee Jones als stoischer Mann des Gesetzes oder, um es mit dem Titel zu sagen: «No Country for Old Men».

Mit ihrer verblüffend werkgetreuen Roman-Adaption gelingt den Gebrüdern Coen der wuchtigste Film ihrer Karriere. Vordergründig ein Thriller, ist das in seinem schwarzen Herzen eine lakonische Geschichte eskalierender Gewalt in God's Own Country, vor der nur noch die Flucht in die Erinnerung an bessere Zeiten hilft.

Mit seinem monströsen Gesicht und einer entsprechenden Frisur verkörpert Darsteller Javier Bardem den Killer Chigurh, der seine Opfer mit einer im Kino noch nie gesehenen Mordwaffe (sie wird normalerweise beim Töten von Schlachttieren angewendet) zur Strecke bringt, erscheint und verschwindet er wie ein unsichtbarer Geist, dem auch die Gesetzeshüter nichts anhaben können.

Wir erfahren an keiner Stelle des Films direkte Einsichten in die psychische Disposition dieses Täters. Er bleibt abstrakt und unheimlich und wird so zur archetypischen Verkörperung der Gefahr des urbanen Lebens, zur Personifikation des Bösen schlechthin. Der Gutmensch Llewelyn Moss hingegen will auf die Millionen nicht verzichten und bezahlt für seine Gier teuer.

Fazit: Liebhaber der Coen-Filme kommen voll auf die Rechnung; der Mix von heftiger Gewalt und absurder Komik bestimmt den Ton wie in ihren besten Werken.

Von Ottokar Schnepf


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