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Artikel vom 08.03.2007

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Basel - Wirtschaft

Schöne Sachen…

…ganz schöne Sachen zeigen die 15 ausgewählten elsässischen Kunsthandwerker allererster Güte an ihrem Stand in der Muba, Halle Wohnsinn 1.1, Stand K50 (bis Sonntag, 11. März 2007)

Von Jürg-Peter Lienhard



Darauf musste erst einmal einer kommen: Die vollschlanken Kurven als CD-Ständer und Bücherablage - ein ästhetischer Blickpunkt, der nie langweilig werden dürfte! Alle Fotos: J.-P. Lienhard, Basel © 2007


Der Stand der Elsässer Kunsthandwerker hat etwas Vornehmes, Nobles gar - Schwarz und Gold dominieren. Das Gold kommt nicht nur vom Goldschmuck, sondern auch von den Kunstgegenständen aus Holz, dessen goldgelbliche Maserung, gepaart mit der beeindruckenden Verarbeitung, eine richtiggehende Vornehmheit ausstrahlt.

Wir wissen es, Basler sind in Singapore eher zuhause, als im Elsass, das man erst noch in Grenznähe mit dem Velo erreichen kann, und das schon einen einzigen Schritt ennet der Grenze ganz anders aussieht, als bei uns. Für viele ist «Chez Lucie» in Hàgànà schon das ganze Elsass - übrigens: der «Baslerstab» in Hegenheim geht bald wieder auf (wir werden berichten!). Doch Hegenheim ist nicht das Elsass schlechthin, schon nur deswegen, weil dessen Bewohner fast alle in Basel arbeiten, «in der Ciba Fässli rugelà», wie der kreative Ofensetzer und Doyen der Sundgauer Edel-Handwerker, Pierre Spenlehauer, sich über seine grenzgängernden Landsleute mokiert…



Der Kunsthandwerker macht immer einen Stuhl, auf dem man sitzen kann, bequem sitzen sogar. Aber man sitzt auf Schönheit - in erster Linie!


Das Elsass ist von unten bis oben, also durch beide Departemente Ober- und Unterelsass, 220 Kilometer lang! Legen Sie mal einen Masstab auf Ihre Schweizer Autokarte und gucken Sie, wo der bei 220 Kilometer aufhört, wenn Sie bei Basel beginnen: Bei Bellinzona, nämlich! So wie man in der Schweiz 220 Kilometer durch verschiedenste Landschaften und Sprachregionen fährt, so verschieden ist das Elsass von unten nach oben oder umgekehrt!

Und man fährt durch bäuerliche Gebiete wie den Sundgau, durch das Ried und die Hard nördlich von Mülhausen und über die wunderschönen Weinregionen von Thann bis Colmar, über den Landesgraben bei Schlettstadt hinaus, den Vogesenfuss entlang oder über deren Kamm, die Crête, zum reichen Krautland bei Krautergerstheim - und ist da schon lange im Unterland, wo die Sprache nicht mehr erdig ist wie im Sundgau, sondern einen Einschlag ins Pfälzische aufweist: Beexer, sagen die Oberländer spöttisch, weil um Strassburg der Himmel eben nicht blau, sondern bläui ist, aber Strassburg ist erst in der Hälfte der «Banane», deren oberstes Ende dem krummen Elsass den Namen gab und dann geht's noch weiter «links» in den Kanton Sarre-Union oder rauf nach Wissembourg bis an die luxemburgische Grenze…



Kunst ohne Rahmen ist wie Salz ohne Suppe! Aus dem Rahmen fällt hier aber vor allem die Schönheit, gepaart mit der handwerklichen Qualität!


Und wo ist das alles, was ich da so einfach hingesagt habe? Eben! Immerhin wohnen fast 1,8 Millionen Elsässer in 906 Ortschaften in beiden Departementen, die den Rang 12 von 26 französischen belegen! Da gibt es mindestens so viele wunderbare Menschen, wie es in Zürich und Basel sie auch gibt, und Zürich und Basel kommen ja auch auf 1,8 Millionen Nasen! Aber, und gerade im Elsass gibt es immer das berühmte aber: Die französische Kultur, jetzt mal abgesehen von der Tragik der elsässischen Sprache, die hat das Land nicht nur in den städtischen Regionen geprägt, sondern ist gewissermassen der Mist, worauf schöne Bauten und Formen im und am Haus gediehen sind. Das schleckt kein Conforama weg, auch wenn die grossen Haufen sich dort eindecken, wie der grosse Haufen sich bei uns bei Ikea eindeckt…

Wer im Elsass, in Strassburg, auf dem Rebberg von Mülhausen, in Colmar oder im reichen Rouffach und in Zabern Geschmack hat, hat ihn in der französischen Kultur geschärft und mit der Muttermilch aufgesogen - allen Moden zum Trotz! Welch armseliger Werbemensch in Zürich von Ornamenten als Verbrechen schwafelt und in einer viereckigen Wohnung mit kalten Designer-Möbeln haust, der sollte sich mal einen «Salon» in Strassburg oder den anderen oben genannten Orten angucken - wenn man ihn denn darin einlädt!



Bewundernswerte Intarsien, oder ist es eher das Auge des Künstlers, der die absolute Schönheit der Natur erst gesehen und dann auch für alle sichtbar gemacht hat?


Da finden sich meist uralte Erbstücke, deren Schönheit unvergänglich ist und die auch nie zutoderestauriert worden waren, den Louis Tutzwit neben dem Louis Patatietpatata und natürlich mittendrin Gemälde der jüngsten Kunst aus Paris und Umgebung! Wenn Modernes im Salon untergebracht ist, dann ist es mit dem Erbstück verheiratet worden und ist keine Faust aufs Auge! Ich rede von der Bürgerhäusern und nicht von den lottrigen Lottissements oder den Katalog-Hyslis - wobei man sich auch da täuschen kann, ist man mal in so einem Schnellschuss-Neubau eingeladen worden…

Allererste handwerkliche Qualität hat also auch im Elsass immer noch goldenen Boden, aus Tradition, zumal gewisse Arbeiten buchstäblich mit Gold aufgewogen werden… Das Angebot ist beschränkt, weil eben Handarbeit und geistiges Bizeps dahintersteckt und keine Schnellschüsse. Mitunter bekommt nur, wer vom Erzeuger für würdig befunden - Geld spielt da keine Rolle, denn gutes Geld kostet es sowieso! Der Handschlag erfolgt erst, wenn die Liebe zum Objekt geweckt, die Wertschätzung statt Verbrauchskonsum ihren Ausdruck gefunden. Und dann ist das Objekt «eingeheiratet», ist einfach nur schön, aber eben besonders schön und daher wertvoll für lange Zeit bis über die Enkelkinder hinaus.

Haben Sie Geld, viel Geld? Lassen Sie es zuhause, wenn Sie an den Stand der Elsässer Künstlerhandwerker gehen, aber nehmen Sie sich Zeit. Lernen Sie die Leute kennen, sprechen Sie auch mit denen, von denen Sie kaum etwas begehren. Gehen Sie vielleicht ein zweites Mal an den Stand, nicht auf dem Rückweg, aber am Tag darauf oder noch besser, besuchen Sie den oder die in ihrem Atelier in einem dieser Elsässer Orte, die Sie ja nicht kennen. Knüpfen Sie das, was man bei uns freundliche oder gar freundschaftliche Bande nennt. Ihr Lohn wird sein, dass sie Seele entdecken, auch wenn Sie sich fragen, warum dass man das nur bei Künstlern entdecken kann, bei elsässischen zumal! Was es Sie kostet, wird Sie nie reuen, denn was Sie mit Schönem verbandelt, wird alleweil ein Teil Ihres Daseins bedeuten. Oder haben Sie Ihr Wohnzimmer mit Aktienkursen tapeziert?




Frau trägt wieder Hut, zumal die elegante und gepflegte Dame. Ich behaupte jedoch: Auch Mann steht Hut gut - jedenfalls spazieren bereits erste Trendsetter wieder mit Strohhut, Panama, Châpeau Lapin und Borsalino herum…




Sieht aus wie Holz, ist aber feinst ziseliertes Metall: Dieser Sessel des Unterländer Künstlers Denis Spiehlmann.




Das ist ein Meisterstück, dessen Handschrift es unzweifelhaft von einem Meister aus der berühmten Gestalterschule Boulle in Paris verrät: Ein jedes Auge bleibt daran haften, sogar dasjenige, das sich aus Bequemlichkeit dem Neuen verwehrt! Aber: Wer etwas von Holz versteht, erkennt die Qualität der Arbeit schon auf den ersten Blick! Vom Meister Jean-Jacques Erny in Colmar - und den gibts schon lange!




«Art déco», reinstes «Art déco», aber «Art déco» des beginnenden 21. Jahrhunderts: Reine Freude an zeitloser Form und Material, reine Schönheit ohne «Gebrauchswert», aber höchster Luxus der Sinnlichkeit! Alle Fotos: J.-P. Lienhard, Basel © 2007



FREMAA, der regionale Verband der elsässischen Kunsthandwerker, Muba 07, Halle Wohnsinn 1.1 - Stand K50

Der Stand befindet sich fast zuhinterst in der Halle 1 im ersten Stock. Zugang vom roten Hauptgebäude mit den Arkaden oder über die Passerellen der Halle mit der grossen Uhr und in unmittelbarer Nähe des Standes Mexiko.

Besuchen Sie auch die Homepage der «Ecole Supérieure des Arts appliquées aux Industries de l'Ameublement et de l'Architecture Intérieure, Paris - BOULLE» - siehe Direktlink hier unten!

Von Jürg-Peter Lienhard

Für weitere Informationen klicken Sie hier:

• Lesen Sie auch die Vorschau auf die Muba 07

• Homepage der Gestalterschule Boulle in Paris

• Homepage der FREMAA mit allen Kunsthandwerker-Adressen


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