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Artikel vom 12.05.2005

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Reusdal meint

Stolpern, anstossen, ausweichen…

Sobald Autofahrer aussteigen, sind sie eben auch Fussgänger, die mit zweckentfremdeten Trottoirs zu kämpfen haben, die sie selber so zurücklassen

Von Mitch Reusdal



«Komm, spiel mit mir Trottoir-Slalom - die geilsten Fussgänger-Pisten gibts nur in Basel!» Alle Fotos am 10.5.2005 innerhalb von 50 Minuten im Spalen-Quartier geschossen von m.r., Basel © 2005; alle Legenden: jpl



BASEL.- Die Trottoirs werden immer mehr zu Abstellplätzen für alles Mögliche und meistens eher Unmögliche. Sie werden vollgestopft oder «möbliert» mit Hindernissen, die sich den Fussgängern in den Weg stellen.

Die Strassen gehören den Autos. Das ist die Regel, daran gibt es nichts zu rütteln. Die Trottoirs jedoch sind für alle da, jupeidi und jupeida. Es ist unglaublich, wie die Trottoirs für die verschiedensten Verwendungen zweckentfremdet werden. Ich meine nicht die Tische und Stühle vor den Beizen im Sommer, die zum lockeren Flanieren und Verweilen in der Stadt einladen. Die Stadt ist ein zusätzliches Wohnzimmer, wenn der Himmel lacht.



So geht das Spiel «Trottoirs frei für Fussgänger» - Fussgänger müssen keine «Haftpflicht» haben und haben deswegen auch keine Nummer am Rücken: «Steht Dir einer aufm Trottoir im Weg, dann einfach grad drauflos…



Sondern ich meine die Trottoirs als Abstellflächen für alles Mögliche und Unmögliche. Reklametafeln versperren den Weg, ebenso Kehrichtcontainer, ebenso Kleiderständer mit Warenmustern vor den Geschäften, ebenso die Kästen für die Steuerung der Lichtanlagen, ebenso Hydranten, ebenso Wegweiser und Stadtpläne, ebenso Billettautomaten, ebenso Verkehrsschilder, ebenso Abfallkübel, ebenso Zeitungskästen, ebenso Hundekotkübel, ebenso Sitzbänke. Auch Velos, Mofas, Motorräder stehen regelrecht im Weg.



…beim ersten Schritt auf der Kühlerhaube machts BLUBB, und hebst Du dann den Fuss zum zweiten Schritt, machts hinter Dir BOING und weiter übers Dach: BLUBB und BOING bis zum Kofferraum: BLUBB und BOING - 's ist megageile Fussgänger-Logik!»



Die Passanten müssen Slalomkurven nehmen, um vorwärts zu kommen. Überall müssen sie Hindernissen ausweichen. Es ist unglaublich, wofür die für die Fussgänger bestimmten Verkehrsflächen missbraucht werden.

Kein Durchkommen mehr

Ein ganz besonderes Kapitel sind die auf den Trottoirs abgestellten Fahrzeuge. Es lassen sich Beispiele anführen, wo für zwei Menschen nebeneinander kein Platz mehr bleibt, auch für Personen mit Kinderwagen nicht (wodurch eine allfällige Busse wegen unerlaubten Parkierens verdoppelt wird).



Wer keinen Anstand hat, hat auch bald keine Luft mehr im Schlauch…



Für Personen mit zwei oder mehr Einkaufstaschen wird der Durchgang vollends unpassierbar gemacht. Natürlich soll es erlaubt sein, Waren ein- und auszuladen. Aber ob dafür die Trottoirs für den Fussgängerverkehr gesperrt werden müssen, wenn drei, vier Meter für die Warenlieferung zurückgelegt werden müssen, ist eine andere Frage.



«Madame, für den Fussgänger-Slalomsport sind Sie einfach zu wohlbeleibt!»



Im Namen des mobilisierten Verkehrs werden die Fussgänger vertrieben, sogar von den Trottoirs, die ihnen zustehen, wenn es sein muss. Zum Beispiel sind die Verkehrstafeln für den Automobilverkehr alle auf den Trottoirs angebracht, und es gilt als selbstverständlich, dass dafür den Fussgängern der Platz genommen und die «lichte Breite» – wie der Fachausdruck heisst – reduziert wird. (Damit ist die verbleibende Raum gemeint, der zwischen Hauswand und dem aufgepflanzten Hindernis mindestens zwei Meter betragen sollte.)



Hat hier jemand gesagt: Sei rücksichtsvoll gegenüber Blinden und Lahmen?



Warum werden die Verkehrstafeln nicht auf der Strasse aufgestellt, wo der Ort ist, wo sie ihre regulierende Funktion ausüben? Warum stehen die Tramhäuschen nicht auf den Fahrstrassen? Warum müssen die Parkuhren für den Autoverkehr auf den Trottoirs stehen und den Fussgängern den Platz wegnehmen?

Picknick auf der Fahrbahn

Ja, warum eigentlich? Ich möchte sehen, was die Automobilisten für Augen machen würden, wenn die Fussgänger auf die Idee kommen sollten, sich auf den Fahrstrassen breit zu machen und zum Beispiel einen Picknick abzuhalten? Es wäre lebensgefährlich! Man kann das zum Beispiel gut beobachten, wenn Menschen bei einer Demonstration einmal die Fahrbahn in Beschlag nehmen. Dann solltet ihr einmal die adretten Automobilisten hören, wie sie ihre Wut in die Nase pusten!



Der ist so unbekümmert faul, dass er auf dem Trottoir gleich vor dem Eingang des Strafgerichts parkiert - wo er sich dann wohl deswegen von der Busse freischnorren will.



Die Strassen gehören schliesslich den Autos, und zwar ausschliesslich, ohne Einschränkung. Wehe dem, der es wagen sollte, an dieser Ordnung zu rütteln. Für die Automobilisten ist der Platz auf den Fahrstrassen knapp geworden. Um so mehr weichen sie auf die Trottoirs aus, wo ohnehin schon die ganze Infrastruktur für sie aufgestellt ist. Nur umgekehrt geht es nicht. He, he, das hätte gerade noch gefehlt…




Beim Aufbauen des Trottoir-Slaloms sind der Phantasie keine Grenzen gesetzt: Je rücksichtsloser, desto geiler…

Von Mitch Reusdal


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