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Artikel vom 13.03.2005

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Glosse

Ehrlose Schläger, Räuber und Diebe

Im Fernsehen kann man lernen, was «Overkill» heisst…

Von Jürg-Peter Lienhard



Abstossende Overkill-Szene in einem Oskar preisgekrönten Film: Beispiel einer perversen Denkweise, die Gewaltdarstellungen als «künstlerisch» - aber nur um des Mammons Willen - salonfähig machte.



Eine Schlägerei war vor nicht allzu langer Zeit eine Mannshandlung mit ungeschriebenen, aber klaren Gesetzen: Ging der Gegner zu Boden, war aus. Die Zeiten der Migration und die amerikanischen Beispiele im europäischen Fernsehen bringen ganz neue «Regeln» in die «Mannskämpfe».

Ist der Gegner am Boden, dann erst recht drauflos - und zwar gruppenweise - mit Handkantenschlägen an den Hals, mit Tritten in die Hoden und ins Gesicht, ein ganzes Magazin Schüsse in Bauch und Kopf, danach mit einer Eisenstange den Schädel zermalmt und sieben Messerstiche in den Ranzen gerammt; manchmal wird auch noch Bezin übers Opfer gegossen und angezündet. Das nennt man «Overkill».

«Overkill» wird ganz unzensiert in den Fernsehsedungen mit ihrem amerikanischen Gewalt-Quatsch vorgeführt: Zunächst ist es ein Bösewicht, dem man zuschaut, wie er «overkillend» sein Opfer massakriert, dann sind es die «guten» Polizisten, oder die «ehrenhaften Rächer», die den Bösewicht fangen und ihn nach einem brutalen Kampf nach allen Regeln der Mörderkunst fertigmachen - im Namen des Gesetzes oder der Moral von Gut und Böse.

So lernen es die Jugendlichen hier am Fernsehen. Und von Migranten, die aus Räuberstaaten stammen, wo der «Overkill» zum guten Ton, zur Rachekultur oder auch zum «Überleben» gehört. Denn dort wird eine Beleidigung nicht mit einem Mannskampf Mann gegen Mann, sondern mit den übelsten Methoden der Menschenverachtung gruppenweise ausgeführt.



Jodie Foster hat als Jugendliche sexuelle Gier erlebt, weshalb sie in ihren filmischen Gewaltszenen derart echt Hass und Gewalt gegenüber ihren stets männlichen «Opfern» darstellen kann. Die Schauspielerin ist zu bedauern - das Publikum aber auch!



Ich höre bereits die Bemerkung von «Übertreibung» - doch die Meldungen der Basler Polizei, zumal diejenige vom Sonntag, 13. März 2005, sprechen eine deutliche Sprache: Ein Disput zwischen einem Italiener und fünf «Jugos» endete mit dem Zusammenschlagen des Italieners, und als der am Boden lag, wurde er mit mehreren (!) Schüssen lebensgefährlich verletzt…

Als ich mal mit meinemTöffli eine Verkehrsübertretung beging - zu meinem Leidwesen gerade vor der Nase einer Polizeipatrouille - haben die Schugger mich wie einen Schwerverbrecher behandelt: «Hände aus der Jackentasche!» (es war bitterkalt), «Zwei Schritte zurücktreten!», und während der eine Schugger meine Identitäskarte kontrollierte, stand der andere fünf Schritte daneben, aber wie ein Cowboy, die Hände griffbereit an der Kanone…

Ein andermal kamen zwei «Polizei-Biebli» (so die die Kassiererin augenzwinkernd zu mir) in die Migros und holten sich ihren Znüni. Weil die keine Kappe anhatten, also quasi ausser Dienst waren, fasste ich mir ein Herz und fragte den einen, was denn da so furchterregend alles an seinem Hosenriemen herumbaumelt. Er gab mir ganz freundlich Auskunft, und ich konnte mir fast für jedes einzelne seines Geschirrs die Anwendung vorstellen - Pistole, Funk, Handschellen, Pfefferspray - ausser einem Ding, das er als «Polizei-Mehrzweckknüppel» bezeichnete.

Immerhin erklärte er mir, dass der «Polizei-Mehrzweckknüppel» im «Nichtgebrauch» lediglich etwa dreissig Zentimeter lang ist, im «Ernstfall» jedoch mit einem gekonnten «Schwunggriff» teleskopartig zu einer gut einen Meter langen Stahlrute herausgeschnellt werden kann. Ein daran befestigter Quergriff ermögliche bei einem Angriff mit Eisenstangen oder so eine bessere Abwehr.

Der Zufall wollte es, dass ich selbigen abends auf einen alten Schulfreund traf, der als Advokat des Polizeiverbandes tätig ist. Auf das für mich bis dahin unbekannte «Mehrzweckdings» angesprochen, sagte er nur vielsagend: «Die Zeiten haben sich eben geändert!…». Ich verstand: Die Zeiten, als allein die Uniform eines Schuggers genügte, um Remedur zu schaffen, sind endgültig vorbei.

Und vorbei sind auch die Zeiten, als man einem alten Fraueli über den Fussgängerstreifen half oder ihr gar beflissen die Tasche aufs Stockwerk brachte. Heute sind alte Fraueli oder Behinderte leichteste Beute für ehrlose Schurken, denen sogar die wenigen Batzeli in den Kommissionentaschen ihrer Opfer lohnendes Angriffsziel sind. (Siehe Polizeimeldung vom 13. März 2005 unter der Rubrik «Aktuelles» hier auf webjournal.ch.)

Zurzeit sind überall in den Medien Beiträge zur Gewaltprävention zu erfahren. Doch die wichtigste Gewaltprävention, nämlich die Absetzung der amerikanischen Schrott- und Gewaltfilme, wird nirgends diskutiert.

Diskutiert wird von Zeit zu Zeit lediglich, ob oder ob nicht diese Gewaltdarstellungen Jugendliche verrohen helfen. Unser Film-Koriphäe Ottokar Schnepf schildert gerne, wie er als Jugendlicher aus der «Revolverküche» (dem ehemaligen Kino «Union») jeweils in «Breitspur», wie die Cowboys, aus dem Kino lief, wenn er einen Western sah. Und seine Freundin bemerkte, dass er seine Zigarette so «komisch» im Mundwinkel hielt - nachdem er einen französischen Film mit «Bébél» gesehen hatte.

Nur: damals war «Overkill» in den amerikanischen Filmen noch nicht Mode. Ich denke jetzt ganz provokativ, wie unser lieber Ottokar damals aus dem Kino heimgegangen wäre, wäre «Overkill» so selbstverständlich in den Filmen dargestellt worden wie heute…

Von Jürg-Peter Lienhard


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