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Artikel vom 04.02.2009

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Ottokars Cinétips

Der falsche Sohn

Clint Eastwood zeigt ein kämpfende Frau und eine korrupte Polizei im Los Angeles von 1928: «Changeling» mit Angelina Jolie in ihrer ersten dramatischen Rolle

Von Ottokar Schnepf



This is not my son - sagt Angelina Jolie entsetzt, als ihr die Polizei einen Ersatzsohn für ihren vermissten Walter unterschieben will.


Der wortkarge Held aus Sergio Leones Dollar-Western von 1964, hat es im Verlauf von 45 Jahren zu einem der wichtigsten und interessantesten Filmregisseure des amerikanischen Kinos gebracht.

Mit «High Plains Drifter» verschaffte er 1973 dem US-Western wieder Respekt. Weitere folgten, darunter Meisterwerke des Genres wie «Unforgiven» (1992). Darauf folgten gesellschaftskritische Geschichten und Thriller bis hin zu ambitionierten Antikriegsfilmen.

«Wenn du einen Film beendet hast, gehört er dir nicht mehr - er gehört dem Publikum, das ihn auslegen kann, wie es ihn auslegen möchte», so Clint Eastwood, dessen neustes Werk von der Kritik zwiespältig aufgenommen wird.

Doch wie auch immer, nur noch bei wenigen Regisseuren wartet man nach jedem seiner Filme gespannt auf den nächsten. Woody Allen gehört zu ihnen, und eben auch Clint Eastwood. Er ist auch derjenige, der immer wieder seine Liebe zum klassischen Erzählkino beweist. Und das ist gut so.

Als die alleinstehende Christine Collins (Angelina Jolie) abends von der Arbeit heimkehrt, findet sie ihren neunjährigen Sohn Walter nicht mehr vor. Nach Monaten vergeblichen Wartens erhält sie von der Polizei in Los Angeles die ersehnte Nachricht, ihr Walter wurde gefunden. «This is not my son» sagt sie erschrocken, als sie ihn am Bahnhof trifft und abholen soll.

Die Polizei, deren Ruf bereits schwer angeschlagen ist, hat die Wiedervereinigung von Mutter und Sohn aber bereits zur grossen PR-Sensation für sich aufgebauscht und versucht mit allen Mitteln, der machtlosen Mutter entgegenzutreten. Christine Collins landet in der Psychiatrie.

Im zweiten Handlungsstrang wird das Mutter-Sohn-Melodram zum Detective-Thriller und schliesslich zum Gerichts-Drama, als ein grausamer Massenmord an Jugendlichen aufgedeckt wird. Genau diese Kombination von Thriller mit menschlichem Drama macht diesen Film einzigartig.

Einmal mehr entwirft hier Eastwood eine unverhüllte Kritik an dem damals von Korruption und Machtmissbrauch zerrütteten Polizei-Apparat der Westküsten-Metropole Los Angeles. Diese Suche nach Wahrheit und Gerechtigkeit ist eine Kinogeschichte, die unter die Haut geht. Vor allem die visuelle Perfektion, auf die Eastwood viel Gewicht legt, macht diesen Regisseur zu einem der letzten Vertreter des klassischen Hollywood-Kinos.

Als eine wahre Geschichte wird «Changeling» im Vorspann angekündigt. Mit der Wahrheit ist das bekanntlich so eine Sache; ob und wie genau sie stimmt, ist im Kino-Film aber nicht so wichtig. «Es ist besser, sich die Dinge ein wenig hinzubiegen und einen guten Film zu drehen, als sich gewissenhaft an die historischen Fakten zu klammern und einen farblosen, langweiligen Film zu machen - von denen gibt's genug».

Das stammt nicht von Eastwood, sondern von einem anderen grossen des Kinos: John Ford.

Von Ottokar Schnepf


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