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Artikel vom 11.02.2004

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Zolli-Apéro

Gleich rudelweise Nachwuchs im Zolli

Sowas von quirlig: Fünf junge Straussenvögel und zehn rauflustige Wildhunde-Welpen wurden geboren und sind bereits quietschfidel

Von Jürg-Peter Lienhard



Diese Aufnahme der neuen Löwen im Basler Zolli gelang nur mit dem Teleobjektiv: Die verärgerten Majestäten brüllten zwar ihren Protest, aber liessen sich nur hinter den Wärme-«Felsen» blicken, wo sie durch den verdampfenden Schneenebel etwas verbleicht wirkten. Foto: J.-P. Lienhard, Basel © 2004

BASEL.- Bei diesem Hudelwetter jagt man keinen Hund hinaus. Und doch scheint es den zehn neugeborenen Wildhunden im Zolli draussen zu behagen, wie die Pressevertreter am Apéro des Monats Februar durchs anfängliche Schneegestöber bemerken konnten. Und gleich im Gehege nebenan waren auch erstmals tagsüber die neuen Löwen zu sehen.

Ihnen behagte allerdings nicht, dass sie der Wärter mit einem Trick aus der warmen Box an die kalte Luft befördert hatte. Die drei Löwen versteckten sich hinter einem Felsen, mauzten gereizt und zuckten nervös mit dem Schwanz hin und her - ein untrügliches Zeichen für Missbehagen. Die Tier-Majestäten verschmähten gar die geheizten Unterstände, auf denen der herabfallende Schnee gleich schmolz und zu einem dampfenden Nebel emporstieg.

Die Löwen gehorchen schon dem Wärter

Die Löwen sind aber sonst immer öfters draussen zu sehen - vorab zu den Randstunden abends und morgens. Die Raubkatzen haben sich bereits an den Wärter gewöhnt, den sie zunächst für ihr Abendmahl hielten. Aber jetzt wissen sie: der Mann bringt ihnen täglich das Abendbrot. Und wenn er das Wort «Putzen» im Satz «Jetzt will I putze!» sagt, heissts raus aus der Box ins Freie, denn auch Löwen mögen keine Putzteufel. Das erklärt wohl auch, warum die Wildfang-Exzellenzen sich so rasch auf diesen Zuruf trainieren liessen…



Vorne ein Alttier mit gelben Flecken, hinten durch die Tarnung des Felles bereits nur noch miit Mühe erkennbar: Ein Teil der Jugendbande im Gehege der Wildhunde. Foto: J.-P. Lienhard, Basel © 2004

Doch nun zurück zu den Wildhunden, einem der beiden Sujets des Februar-Apéros: Auffallend ist die Farbe der erwachsenen Tiere - nämlich das dominante Gelb, das aus dem schwarzgrau gesprenkelten Fell heraussticht. Die zehn Jungen sind noch nicht so gelb, und man muss gut hinschauen, wo sie sich aufhalten, denn ihr Kinderkleid ist eine perfekte Tarnung.

Von den zehn Jungen der Eltern Mombo und Moremi sind sechs Männchen und vier Weibchen, die jedoch schon am 7. Dezember letzten Jahres (2003) als völlig hilflose Nesthocker das Licht der künstlichen Bruthöhle der Zolli-Wildhunde erblickten. Erst jetzt, nachdem die Mutter die riesige Kinderschar mit enormen Mengen Milch gesäugt und damit gekräftigt hat, ist der Kindergarten auch vor der Bruthöhle zu sehen: Die vor wenigen Tagen angenehme vorfrühlingshafte Wärme hat sie zum Tollen und «Sünnele» animiert.

Alle Rudelmitglieder helfen bei der Aufzucht

Jetzt, wo die Jungschar entwöhnt ist, muss sich die Mutter von ihrer gewaltigen Leistung erholen, was die Natur so eingerichtet hat, dass alle Familienmitglieder tatkräftig an der Aufzucht des Nachwuchses mithelfen - nicht nur als Spielgefährten und Aufpasser, sondern auch als Nahrungsbeschaffer: Beim leisesten Bettelruf der Jungen würgen alle Erwachsenen sofort Fleischbrocken aus und füttern die kleinen Geschwister und auch die Mutter, die ja vorerst nicht mehr auf die Jagd gehen kann.



Haben Sie schon einmal versucht, zehn quicklebendige Wildhunde aufs Mal auf ein Bild zu bannen? Es sollte mit etwas Glück gelingen, aber dazu müsste man ein paar Ferientage opfern - sicher ein wertvollerer Zeitvertreib als im Fussballstadion grölen… Foto: J.-P. Lienhard, Basel © 2004

Wenngleich beim Anblick dieser tollen Bande «Freude herrscht» *) ob der übermütigen Sprünge, Spässe und Spagate, gibt es auch Trübnisse zu den afrikanischen Wildhunden zu berichten: Es gibt noch nur deren rund 3‘000 freilebende. Ihr Lebensraum wird immer mehr von den Menschen beansprucht. Aber auch ihre Konkurrenten wie Hyänen, Schakale oder Löwen machen ihnen das Leben schwer: Die rudelweise jagenden Wildhunde sind sehr erfolgreiche Jäger, weil sie sich gegenseitig mit quietschartigen Rufen taktisch koordinieren können. Und genau diesen Rufen folgen ihre Konkurrenten, die warten, bis die flinken Wildhunde die Beute gerissen haben, um die körperlich unterlegenen Wildhunde vom gedeckten Tisch zu verscheuchen. Es gibt also auch im Tierreich Bequemlinge, die andere für sich arbeiten lassen! Bei den Wildhunden wirkt sich das halt auf den Bestand aus: Jagen und dann verjagt werden - davon wird kein Hund satt…



Eine «Frisur» wie «Zuckerwatte vom Winde verweht» - aber perfekte Tarnung vor Räubern: Alle fünf Jungvögel der Straussenfamilie sind auf dem Bild sichtbar, nicht aber alle Köpfe… Foto: J.-P. Lienhard, Basel © 2004

Der andere Kindergarten, der zurzeit einen Besuch im Basler Zolli lohnend macht, befindet sich vorerst noch im Stall der Straussen: Zwischen dem 15. und 18. Januar 2004 sind dort fünf Junge geschlüpft. Eigentlich hätte man elf Junge erwarten können, aber von den elf bebrüteten Eiern waren sechs nicht befruchtet. Noch sind die Jung-Straussen erst so gross wie ein Hühnchen, aber so quicklebendig und schnell, dass man sie kaum ohne Bewegungsunschärfe fotografieren kann.

Fünf durch fünf gleich null…

Die jungen Rennvögel sehen aus wie Grasbüschel, was die Natur ja auch so wollte, damit sie gut vor Feinden getarnt sind. Das grasartige Gefieder fühle sich in diesem Alter an wie Zuckerwatte, die einem der Wind ins Haar geblasen hat (der farbige Vergleich zeigt, dass der Straussenwärter ein Fan der Basler Herbstmesse ist). Und noch einen Überlebenstrick hat die Natur den Straussenvögelein in die Gene geimpft: Kommt ein böser Feind daher, rennen die Küken jedes für sich in eine andere Richtung - jetzt muss sich der Schakal entscheiden, aber so schnell kann der auch wieder nicht einen Haken schlagen - und schon ist die vermeintlich leichte Beute wie vom Erdboden verschwunden. Wie denn so blitzartig? Es ist der in solchen Fällen äusserst wirksame Grasbüschel-Trick: Die Küken haben sich einfach längs auf den Boden gelegt und sehen jetzt eben aus wie Grasbüschel - also alles andere als die Leibspeise der Schakale…

Vogelmann mit Penis

Noch eine interessante Naturlaune bei den Straussen: Beide Elternteile wechseln sich beim Brüten ab. Das Männchen, das zudem - für Vögel aussgewöhnlich - einen richtigen Penis aufweist, hat ein schwarzes Kleid; das Weibchen ein graues. Darum brütet Monsieur in der dunklen Nacht, während Madame mit ihrem grauen Gefieder tagsüber bei dieser fluchtträgen Tätigkeit perfekt im Savannensand getarnt ist.

Zum Schluss noch ein paar interessante Zahlen: Ein Straussenei ist etwa so gross wie ein Kindskopf (hier gemeint: Kopf eines Kindes) und wiegt im Durchschnitt eineinhalb Kilo. Die Hülle des Eis wiegt allein 300 Gramm. Somit enthält es 1,2 Kilo Inhalt, was etwa 24 gewöhnlichen Hühnereiern entspricht. Ein Küken wiegt nach dem Schlupf zwischen 700 und 1000 Gramm, also etwa gleichviel wie ein gerupftes Poulet.

Apropos «Poulet»: Hierzulande landen Straussen immer öfters auf dem Speisezettel auch renommierter Restaurants, denn die genügsamen Laufvögel werden nun bald überall in Europa als Fleischlieferanten gezüchtet. Ihr Fleisch mundet nicht wie Geflügel, sondern eher wie Rindfleisch. So gabs denn zum Abschluss des Zolli-Apéros im Zolli-eigenen Restaurant Straussen-Geschnetzeltes mit Spätzle aus Teig mit glücklichen Hühnereiern…

*) Copyright by Adolf Ogi, alt Bundesrat

Von Jürg-Peter Lienhard


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