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Artikel vom 13.04.2005

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Erziehung

Karriere im Zolli

Arbeiten für und mit Tieren ist für viele Kinder eine attraktive Freizeitbeschäftigung

Von Jürg-Peter Lienhard



Die verspielten Zwerggeissen im Basler Zoologischen Garten sind die erste Stufe in der Beziehungs-Karriereleiter zwischen Kind und Tier, wie es der Kinderzolli vermitteln will. Alle Fotos: J.-P. Lienhard, Basel © 2005



BASEL.- Karriere im Zolli machen - grassiert dort nun auch das Manager-Fieber? Gemach, die «Karriere-Leiter» meint die Annäherung von Kindern zu den Tieren des Kinderzollis: Im Umgang mit den zutraulichsten und neugierigsten Bewohnern der Gehege, den Zwergziegen, lernen Kinder von Mal zu Mal auch mit grösseren und weniger «pfleglichen» Tieren umzugehen. Eine «Beziehungs-Karriere» gewissermassen, die über die Pfauen-Geissen bis zu Lamas und Ponys absolviert werden muss.

Das Streicheln von Tieren ist eine ach so begehrenswerte Handlung von Menschen gegenüber Tieren, zumal von ganz jungen Menschen; die alten denken dabei viel häufiger ans Fressen von Tieren… Doch Tiere sind Wesen, die nicht immer nur gestreichelt, gehätschelt, befohlen, gezerrt oder sonstwie belästigt werden wollen.

Der Umgang mit Tieren will also gelernt sein - oder besser - gefühlt werden. Gefühlter Umgang mit Tieren heisst aber nicht, die Tiere mit Futter zu locken, mit Futter gefügig machen, sondern ein Verhältnis aufbauen, das aus gegenseitiger Zuneigung und Respekt besteht. Die «Sprache» der Tiere lernen zu verstehen.



Zehn Junge sind bei den Zwergziegen im Basler Kinderzolli geboren worden. Hier eine der Mütter beim Säugen ihrer zwei Geissenbuschis.



Beim Basler Zolli ist das schon seit Jahren Programm, das mit dem Kinderzolli erfolgreich vermittelt wird. (Kinderzolli ist selbstverständlich nicht ein Zolli, wo Kinder eingesperrt sind, und die Tiere frei rumlaufen, sondern ein Zolli für Kinder.) Das Programm findet Zuspruch, sogar erstaunlich grossen Zuspruch: Im vergangenen Jahr haben sich 6389 Kinder im Kinderzolli gemeldet, um mit und von den Tieren zu lernen sowie um die Beziehungs-Karriereleiter zu den grossen Tieren aufzusteigen.

Die Zwergziegen sind gewissermassen die «Einstiegs-Droge». Kinderzolli-Kurator Andreas Heldstab sprach am April-Zolliapero 2005 zwar von «Einstiegs-Tier». Aber das mit der «Droge» gebrauche ich hier mit dem Seitenblick auf unbeaufsichtigte Kinder in drogengefährdetem Milieu - was der Kinderzolli wahrlich nicht ist und in vielerlei Hinsicht auch sinnvoller als «die Gasse» ist…



Frisch gesäugt und daher gekräftigt, übt sich der Nachwuchs in kleinen Rangelkämpfen.



Die putzmunteren Zwergziegen haben zehn noch putzmuntere Junge, die mit allerlei Schabernack, munteren Sprüngen und Raufereien selbst die Kindergartenkinder in Bann ziehen. Hier bei den Zwergziegen beginnt die «Karriereleiter» der Zollikinder, weil diese Tiere nicht etwa nur «pflegeleicht» sind, sondern auch flink davonhüpfen oder auf einen Kletterbaum springen können, wenn es ihnen zu bunt wird. Erst wenn die Kinder das Geheimnis des wohldosierten Annäherns und des Loslassens gelernt haben, dürfen sie dann zu den Pfauen-Geissen, die aber schon spitze Hörner haben und nicht mehr so anmutig tollen. Die nächste Stufe dieser Beziehungs-Karriere sind dann die Ponys und die Lamas. Letztere ersetzen ihre Gattungs-Genossen, die Kamele, die nun nicht mehr im Zolli gehalten werden.

Doch Streicheln und Tollen mit den Ziegen oder Reiten mit den Ponys ist nur eine Seite der Medaille in der Beziehungs-Karriere. Denn ach, Tiere sind Lebewesen, und es gibt kein Lebewesen, das nicht frisst, nicht stinkt, nicht lärmt und nicht sch… (wie das Lebewesen Mensch auch). Darum verlangen die Tiere Pflege, und das heisst im Zolli: Futter herbeischaffen, Kot zusammenwischen, Putzen, Striegeln, Wischen… Die Tiere merken sehr wohl, dass sie gepflegt werden, merken sich, wer es am ordentlichsten und wohltuendsten für sie erledigt - und dann zeigen sie es. Mit einem Nasenstüber, mit freudiger Begrüssung oder auch «nur» mit Zutrauen.



Noch haben sie keine Hörner, aber wohl schon dicke Schädel…



Vieles spricht sich herum in der Schule und in kinderfreundlicher Umgebung und weit über das Einzugsgebiet des Zollis hinaus. So ist der Kinderzolli nie verlegen um kleine Helfer, die die Karriereleiter hochsteigen wollen. Wie Kurator Heldstab erklärte, zählt der Zolli fast jeden Tag um durchschnittlich über 17 Kinder, die ihre freie Zeit für die Tiere im Kinderzolli opfern wollen. Allerdings sind es fast nur Mädchen, die sich für die Arbeit mit Tieren interessieren - nämlich über 80 Prozent. Betreut werden die Kinder nicht allein von erwachsenen Wärtern, sondern auch von den bereits auf der Karriereleiter des Kinderzollis aufgestiegenen und «ausgebildeten» Kindern selbst.

In der Ferienzeit steigt die Attraktivität des «Arbeitsplatzes» Zolli; im vergangenen Jahr meldeten sich an einem einzigen Spitzentag 51 Kinder. Auswärtige «Spezialisten», bei denen die Ferienzeit von derjenigen der Basler Schulen abweicht, kommen genau dann, wenn die Basler Kinder wieder in die Schule einrücken müssen. Teils kommen sie von weither; im letzten Jahr gar eines aus dem Prättigau.



Dieses Mädchen ist schon eine Stufe höher auf der Karriereleiter des Kinderzollis gekletter und zeigt den «Neuen» unter den Kindern als «Aufsicht Zwergziegen» wie «es» geht.



Doch Kurator Heldstab verweist darauf, dass der Kinderzolli kein «Kinderhütedienst» ist. Die Kinder müssen sich morgens um acht und nachmittags um halb zwei einfinden und erhalten dann ihre Arbeit zugeteilt, die sie auch vollständig erledigen müssen. Es kann aber auch vorkommen, dass ein tierärztlicher Eingriff oder andere wichtige Ereignisse es nötig machen, dass die Kinder wieder nach Hause geschickt werden müssen. Immerhin kommt das nicht jeden Tag aber doch zuweilen vor.

Der Zolli ist stolz darauf, dass unter den über die Jahre nun zehntausende gewordenen Kinderzolli-Karrieristen etliche davon als Erwachsene auch in einem «biophilen» Beruf Karriere gemacht haben - unter anderem als Tierwärter, Biologe oder gar als Tierarzt. Kinder, die sich für eine Tätigkeit im Kinderzolli interessieren, die auch gerne eine Beziehungs-Karriere mit Tieren angehen wollen, werden vom Zolli unbeachtet ihrer Herkunft oder Sprache gerne empfangen. Insbesondere Quartiervereine haben schon Jugendliche von Immigranten-Familien von der Strasse weg in den Zolli geholt, und der Zolli hat mit ihnen gute Erfahrungen gemacht. Und umgekehrt…



Die Meerkatzengruppe auf der Affeninsel hat Verstärkung aus Israel erhalten. Nicht weil sie «Israelis» sind, können sie kopfunter in den Kletterbäumen hängen. Nein, dies ist nur deren Spiegelbild im Wassergraben…



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