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Artikel vom 20.11.2014

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Cinéma

Von Geldgier getrieben

In «Nightcrawler» brilliert Jake Gyllenhaal als Soziopath in einer durchökonomisierten Welt

Von Ottokar Schnepf



Jake Gyllenhaal als Lou Bloom zeigt keine Skrupel, wenn es um Menschenleben geht.


Das Mediengeschäft ist hart und erbarmungslos. Einfache Leute können über Nacht zu Stars gemacht werden, aber der Absturz ist genau so schnell möglich. Dass die gezielte Manipulation des Publikums dabei eine grosse Rolle spielt, ist keine neue Erkenntnis. Und dass sich das Kino mit diesem Thema beschäftigt, ist ebenfalls nicht neu.

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So entstand 1951 der Film Ace in the Hole, in dem Billy Wilder einen Journalisten (Kirk Douglas) vorzeigt, der die Rettung eines in einem Stollen Verschütteten verzögert, um mit einer grossen Sensationsreportage sein eigenes Comeback zu erreichen. Der Film wurde wegen seiner Mitleidlosigkeit kritisiert - vor allem von amerikanischen Journalisten, die sich offenbar getroffen fühlten.

1976 präsentierten Drehbuchautor Paddy Chayefsky und Regisseur Sidney Lumet mit Network eine satirische Abrechnung mit dem Kommerzfernsehen. Ein abgehalfterter Moderator wird zum TV-Star, indem er vor laufender Kamera mit seinem Selbstmord droht.

Wenn es Nacht wird in LA

In Dan Gilroys demnächst in die Kinos kommenden Nightcrawler geht es wie in den oben erwähnten Beispielen ebenfalls um einen Soziopathen. Jake Gyllenhaal verkörpert grossartig diese Titelfigur, den Nightcrawler Lou Bloom. Nightcrawler genannt werden freiberufliche Reporter.

Während Los Angeles schläft, sind diese, bewaffnet mit teuren Kameras im Auto sitzend und mit einem Ohr am Polizeifunk, auf der Suche nach einer interessanten Story, die sich gut an einen lokalen TV-Sender für gutes Geld verkaufen lässt. Dazu eignen sich am besten Autounfälle, Wohnhausbrände, Mord, Körperverletzung, also alles, was menschliches Leid zeigt.

Denn das ist es, was die TV-ZuschauerInnen am Frühstücksfernsehen am meisten interessiert. Und je schonungsloser die Bilder, desto besser das Honorar. Und um so grösser das Interesse der Werbefirmen. Wie man all das schafft, weiss Lou Bloom bestens, ist er doch ein mit allen Wassern gewaschener innovativer und angetriebener Amerikaner, unterwegs nach dem american dream, den seiner Meinung nach jeder, wenn er denn will, erreichen kann.

Und so ist Lou Blooms Aufstieg ins Reich der TV-Nachrichten auch eine klassisch-amerikanische Erfolgsstory. Bloom, der auf seinem Weg nach oben im wahrsten Sinne des Wortes über Leichen geht, schafft es vom unerfahrenen Kameramann bis zum Sensationsreporter und endet als Eigentümer eines wachsenden Unternehmens.

Aber sein Happy End ist der Beginn eines abschreckenden Alptraumes für unsere Gesellschaft. Nicht aber Lou Bloom ist das eigentliche Grauen, sondern die Welt, die ihn geschaffen hat und für sein Handeln belohnt.

Von Ottokar Schnepf


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